Amorphis – „Halo“ (VÖ 11.02.2022)
Amorphis melden sich fulminant zurück. Am 11.02.2022 erschien ihr mittlerweile 14. Studioalbum mit dem Titel „Halo“. Ich konnte mir das Album schon anhören. Ob es der Band um Mastermind Esa Holopainen gelungen ist, den Vorgänger zu toppen, lest ihr hier:
Ein Sturm zieht auf
Mit „Halo“ geht dieses Jahr eine Trilogie zu Ende, welche 2015 mit „Under The Red Cloud“ begann und 2018 mit „Queen of Time“ fortgesetzt wurde. Amorphis nehmen uns mit auf eine knapp 56 minütige Reise durch die finnische Mythologie, in den hohen eisigen Norden in eine Welt voller Geheimnisse.
Der Opener „Northwards“ beginnt mit einem ruhigen Pianointro, bevor nach 50 Sekunden ein Sturm aus Gitarren, Schlagzeug und Bass losfegt. Kurz darauf steigt Tomi stimmgewaltig ein und growlt sich durch den Song. Im Refrain beweist er wieder seine Vielseitigkeit und singt klar und hoch. Der Mittelpart entschleunigt, man hört eine Orgel, Solis der beiden Gitarristen und die seichte Stimme von Tomi. Das Ende wird durch Chöre eingeleitet, ehe die Band zum Endspurt ansetzt und sich nochmal ins Zeug legt. Weiter geht es mit „On The Dark Waters“, welcher mit einem schnellen Gitarrenpart beginnt, gefolgt vom tiefen Growlen Joutsens. Der Refrain im Cleangesang, untermalt mit Keyboardparts, wie man sie von Amorphis kennt. Für mich einer der typischen Amorphis Songs, welche direkt im Ohr bleiben. Ende Januar koppelte die Band diesen Song auch als 2. Single aus und bietet somit einen letzten Vorgeschmack auf das kommende Album.
„The Moon“, welcher Anfang Dezember 2021 die erste Singleauskopplung war, weckte bei mir direkt Erinnerungen an „From Earth to Rose“ vom 2009er Album „Skyforger“. Keyboard- und Synthieparts, schöner Wechsel zwischen Cleangesang und Growling von Tomi Joutsen und ein Refrain der direkt im Ohr bleibt. Im großen und ganzen kommt der Song auch etwas poppig daher. Wahrscheinlich ist es das, was Produzent Jens Borgren meinte, als er sagte, dass das neue Album einen poppigen „Touch“ hat. Im Anschluss bietet „Windmane“ einen kleinen Moment des Verschnaufens und leitet den Mittelteil des Albums ein. Ein ruhiger, langsamer, teils sehr progressiver Song. Er bietet zu Beginn ein komplexes Zusammenspiel aus Gitarre, Bass und Schlagzeug, gepaart mit dem altbekannten Growling von Joutsen. Der Mittelpart bietet Gitarrensoli und Synthesizersounds, ehe es wieder progmäßig dem Ende entgegengeht. Für mich ist es, aufgrund seiner Komplexität, der sperrigste Song des Albums. Diesen Umfang ist man von den letzten Amorphis Alben nicht gewohnt.
Rasanter Mittelteil, der keine Zeit für eine Pause lässt
„A New Land“ ist wiederum ein Song, wie man ihn von Amorphis gewohnt ist. Melodisch, schnelle Riffs, gepaart mit dem Wechselspiel von Growl- und Cleanparts. Tomi Joutsen erhält hier Unterstützung durch die Sängerin Noa Gruman der Prog-Metal Band „Scardust“, welche auch schon beim Vorgänger „Queen of Time“ mitwirkte. Für den nächsten Song,„When The Gods Came“ , bildet die Bass- und Schlagzeugfraktion Olli-Pekka Laine und Jan Rechenberger das Fundament. Ihr rythmischer Sound trägt den Song, worauf die beiden Gitarren, Joutsen´s Gesang und das Keyboard nur noch aufbauen müssen.
Mit orientalisch und folkisch angehauchten Klängen, starken Riffs der Saitenfraktion und dem klassischen Keyboardparts von Santeri Kallio, entführt uns die Band in „Seven Roads Come Together“ weiter in die eisigen und einsamen Landschaften Finnlands. Ein dynamischer und schneller Song, welcher mir beim ersten Anhören direkt hängen blieb und zu meinem Lieblingssong der Platte geworden ist. Es folgt mit „War“ ein Song, der gegensätzlicher nicht sein könnte. Tomi Joutsen brüllt seine Screams und Growls mit voller Aggressivität heraus, während der Refrain ruhig und friedlich von ihm vorgetragen wird. In diesen Passagen wirkt Joutsen nahezu zerbrechlich. Dazu das schnelle Spiel der Instrumentenfraktion, teils mit Chören unterlegt, lassen den gesamten Song düster und bedrohlich wirken.
Back to the Roots? Ja und Nein
Der Titelsong „Halo“ leitet den Schlusspart des Albums ein. Es wird beinahe vollständig auf Growls verzichtet und im Schlusspart profitiert der Song zudem von der gesanglichen Unterstützung durch Noa Gruman.
Back to the Roots? So habe ich gedacht, als „The Wolf“ zum ersten Mal aus den Boxen schallte. Hier lassen Amorphis ihre Death Metal Wurzeln deutlich durchkommen. Böses, tiefes Growlen, Riff- und Schlagzeuggewitter par excellence. Den Kontrast dazu bietet dann der cleane Gesang des Refrains und Bridge. Dazu gesellt sich ein langsamer, eher doomig angehauchter Mittelpart, welcher mit Chören unterlegt ist und den Hörer zum Ende hinführt. Hier holt die Band dann nochmal alles aus sich heraus. Amorphis zeigen deutlich, wie man den Sound ihrer Anfangszeit mit dem heutigen optimal in Verbindung bringen kann.
Im Finale des Albums wird man von Akkustikgitarren, einer gefühlvollen klaren Frauenstimme, dem Rauschen des Windes sowie einer Violine überrascht. „My Name is Night“ ist eine klassische, aber auch sehr ruhige Ballade, was bei Amorphis eher selten vorkommt. Der erste Teil des Songs wird allein getragen durch die Stimme von Petronella Nettermalm, der Sängerin der schwedischen Band „Paatos“. Erst zur Mitte setzt der cleane Gesang Tomis ein. Beide ergänzen sich großartig und bilden ein perfektes Duo. Untermalt wird das Ganze mit einem orchestralen Sound. Ein zwar ungewöhnlicher, aber dennoch perfekter und würdiger Abschluss eines grandiosen Albums.
Fazit:
„Es ist von Anfang bis Ende AMORPHIS, dabei aber härter, progressiver und organischer als der Vorgänger“ – Esa Holopainen
Und damit trifft Esa Holopainen den Nagel auf den Kopf. Das gesamte Album geht von der ersten Minute an druckvoll nach vorne. Schnelle Riffs, ein tiefer Bass und ein schnelles Schlagzeugspiel, gepaart mit Keyboards und dem unvergleichlichen Gesangsstil von Tomi Joutsen machen „Halo“ zu einem typischen Amorphisalbum. Trotzdem hört man, dass die Band die lange Pause genutzt hat um ihren Stil weiter zu entwickeln und zu verfeinern. Den neuen, härteren und progressiveren Sound hört man deutlich heraus, was dem Ganzen jedoch nicht schadet. Die Songs sind mit Längen von meist unter 5 Minuten im Schnitt kompakter als bei den Vorgängern. Wie ich oben schon geschrieben habe, entführt „Halo“ den Hörer tief in die Mythologie der finnischen Kalevala, welche das finnische Nationalepos darstellt. Die Texte stammen, wie es bereits seit 2007 üblich ist, erneut aus der Feder des finnischen Künstlers Pekka Kainulainen..
„Diese archaische finnische Poesie in modernes Englisch zu übersetzen und unseren progressiven Rhythmen anzupassen, ist ein ungemein aufwändiger Prozess. Aber irgendwie schafft Pekka das immer pünktlich und mit überragenden Ergebnissen.“ – Tomi Joutsen über Pekka Kainulainen
Amorphis haben es geschafft, ihrem Ruf mehr als gerecht zu werden. Mit „Halo“ haben sie ein Album geschaffen, was in meiner persönlichen Jahres Top 10 ganz weit vorne liegen wird. Ich kann es kaum erwarten, die neuen Songs live zu hören. In meinen Ohren ist es seit „Elegy“ das beste Album der Band-Discographie. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Anspieltipps: „The Moon“, „My Name Is Night“ und „Seven Roads Come Together“
Cover & Tracklist:
01. Northwards
02. On The Dark Waters
03. The Moon
04. Windmane
05. A New Land
06. When The Gods Came
07. Seven Roads Come Together
08. War
09. Halo
10. The Wolf
11. My Name Is Night
Artwork: Valnoir/Metastazis
Produzent: Jens Bogren
Line Up:
Gesang: Tomi Joutsen
Gitarre: Esa Holopainen
Gitarre: Tomi Koivusaari
Keyboards: Santeri Kallio
Bass: Olli-Pekka Laine
Schlagzeug: Jan Rechberger |
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Bildnachweis: Atomic Fire Records.