Heinsberg, 20 Grad, die Frisur sitzt…
…so machen wir uns mit 3 Leuten aus der Moshpit Passion Redaktion auf den Weg in die Eifel. Genauer gesagt an den Nürburgring, wo am zweiten Juni Wochenende des Jahres 2024 das traditionelle Rock am Ring stattfindet.
Mein letzter Besuch auf diesem Festival liegt in diesem Jahr genau 30 Jahre zurück. 1994 mit den Headlinern Peter Gabriel und Aerosmith. Alleine diese beiden Namen sind wohl heute kaum noch in den Running Orders der aktuellen Pop/Rock Festivals denkbar.
Angekommen am Nürburgring, checken wir umgehend in den Pressebereich ein und können uns nach kurzer Wartezeit in diesem einrichten.
Und dann geht’s auch schon los, der erste Tag des Festivals startet musikalisch.
ROCK AM RING – Der Freitag
Während Querbeat die Utopia Stage eröffnen, zieht es uns rüber zur kleinsten Bühne, der Orbit Stage.
INDECENT BEHAVIOR – ORBIT STAGE
Dort spielen die Gewinner des Warsteiner Band Contest, Indecent Behavior aus dem Saarland. Die Jungs haben ab der ersten Sekunde wortwörtlich Hummeln im Arsch und legen eine Spielfreude an den Tag, die vielen etablierten Bands heute abgeht. Mit ihrem energetischen Pop-Punk, der Fans von Bands wie Blink-182 und Co. auf Anhieb gefallen sollte, haben sie die beachtliche Menge augenscheinlich sofort im Griff. Sänger Henrik kommunizierte permanent mit dem Publikum und feuert es an, was von diesem auch entsprechend erwidert wird. Ein cooler Auftakt in unsere Reise durchs Wochenende. (Stelle)
FIT FOR A KING – MANDORA STAGE
Besucher der nebenan liegenden Mandora Stage werden kurz darauf Zeuge der ersten Festival Shows auf deutschem Boden der texanischen Metalcore Band Fit For A King. Auch ich freue mich sehr darauf, die Band mal live zu sehen und werde im Großen und Ganzen nicht enttäuscht. Klassischer 2000er Metalcore mit Clean Gesang und Shouts, bei dem hervorzuheben ist, dass der Gesang zwischen dem Sänger und den beiden Saitenakrobaten geteilt wird. Einzig die oft gleichförmigen Breakdowns lassen ein bisschen Abwechslung vermissen, ansonsten aber ein durchweg guter, energiegeladener Auftritt der Amerikaner, der beim Publikum hervorragend ankommt und die den Platz vor der Bühne so dicht besiedelt wie keine weitere Band an diesem Tag, soviel sei schonmal verraten. (Stelle)
GUANO APES – UTOPIA STAGE
Ein kurzer Abstecher zu den Guano Apes. Leider muss ich hier konstatieren, dass diese Art von Crossover bei mir (und das ist natürlich rein subjektiv) überhaupt nicht funktioniert. Die zahlreichen Anwesenden vor der Utopia Stage sehen das freilich komplett anders und feiern die Band um Sandra Nasić frenetisch ab. Natürlich dürfen ihre Hits Open Your Eyes, Lord of the Boards und Big in Japan nicht fehlen. Band und Publikum sind glücklich, damit passt alles und ich stelle wieder einmal fest, dass man anderen ihren Spaß gönnen kann, auch wenn man dem selbst überhaupt nichts abgewinnen kann. (Stelle)
ASINHELL – MANDORA STAGE
Es folgte die Band, auf die ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe. Asinhell. Die Band vom Volbeat Gitarristen und Sänger Michael Poulsen frönt dem Old School Death Metal, einem Genre, in dem er bereits in den 1990er Jahren mit seiner alten Band Dominus aktiv war, bevor er Volbeat gründete. Am Gesang agiert ebenfalls kein Unbekannter. Marc Grewe, das Death Metal Urgestein der deutschen Death Metal Legende Morgoth, leiht auch Asinhell sein Organ.
Die Spielfreude, die Asinhell verbreitet, ist ansteckend. Besonders Poulsen tropft der Spaß aus jeder Pore, er grinst ohne Unterbrechung und kommuniziert unentwegt nonverbal mit dem Publikum. Die Band spielt tight und macht ordentlich Druck. Grewes Anmerkung, dass Asinhell wohl die brutalste Band des Wochenendes ist, wird allerdings von vielen jüngeren Zuschauern mit einem süffisanten Grinsen erwidert. 90er-Brutal ist halt nicht mehr mit 24er-Brutal zu vergleichen. Von daher… Passt alles! (Stelle)
CROSSES – MANDORA STAGE
Nach einer kleinen, altersbedingten Regenerationsphase, in der ich leider Betontod verpasse, geht es für mich weiter mit Crosses, einem Projekt von Deftones‘ Chino Moreno und dem Produzenten und Multiinstrumentalisten Shaun Lopez.
Obschon ich die Band von diversen Youtube Videos kannte, hab ich mich bisher nie tiefgehender mit ihrem Werk befasst. Was die beiden auf der Bühne allerdings abliefern, lässt mich völlig sprachlos zurück. Eingesogen in einen undefinierbaren Mix aus Alternative Rock und Metal, House, Electro und Hip Hop Elementen, bin ich für eine Stunde in einer komplett anderen Galaxie. Chinos Stimme tut ihr übriges und somit zählen Crosses definitiv zu meiner Live Entdeckung des Wochenendes. Ganz großes, wenn auch völlig abgefahrenes Kunstkino. (Stelle)
DROPKICK MURPHYS – UTOPIA STAGE
In den frühen Abendstunden eroberten die Dropkick Murphys die Utopia Stage. Sänger Ken Casey konnte mit seinem energiegeladenen Auftritt die Meute schnell in seinen Bann ziehen. Spätestens mit dem zweiten Song, „The Boys Are Back“, war die Stimmung am Beben. Das blieb auch während dem einstündigen Gig durchgehend so und das Infield war zum ersten Mal an diesem Tag sehr gut gefüllt.
Zum Abschied gab es mit „I’m Shipping up to Boston“ dann noch die würdige Einstimmung in den restlichen Abend. (Jenny)
KERRY KING – MANDORA STAGE
Währenddessen macht sich eine Thrash Metal Legende auf der Rock am Ring Mandora Stage breit. Niemand geringerer als Kerry King, Mitbegründer von Slayer stellt sein neues Soloalbum nebst Band vor. Diese besteht aus dem King himself, Mark Osegueda (Death Angel), Kyle Sanders (ex-Hellyeah), Phil Demmel (ex-Vio-Lence, ex-Machine Head), sowie Paul Bostaph am Schlagzeug. Die Band wirkt bereits gut eingespielt und knüppelt die Songs des Debütalbums ohne Gnade in das überschaubare Publikum, viele verweilen wohl noch bei den Murphys oder haben einfach keinen Bezug zu dieser Musik. Als dann auch noch God Hates Us All, Raining Blood und Black Magic aus dem Slayer Katalog dargeboten werden, ist der Verfasser dieser Zeilen glücklich, wie auch der Rest des anwesenden Publikums. (Stelle)
QUEENS OF THE STONE AGE – UTOPIA STAGE
Auf der Utopia Stage war dann Zeit für den Co-Headliner: Queens of the Stone Age. Die Alternative-Rock-Band aus Seattle spielte ein solides Set über 75 Minuten, konnte das Publikum aber aus meiner Sicht nicht ganz so mitreißen wie es die Dropkick Murphys im Vorfeld getan haben. Das Infield des Rock am Ring war auch merklich leerer, was aber vermutlich auch am parallel stattfindenden Gig von Kreator auf der Mandora Stage lag. Dennoch machte es Spaß zuzuhören und bekannte Songs wie „ A Song for the Dead“ luden zum Mitsingen ein. (Jenny)
KREATOR – MANDORA STAGE
Bereits zum zweiten Mal sind Kreator bei Rock am Ring dabei. Gewohnt routiniert, mit einer überwältigenden Licht- und Bühnenshow liefern die Essener Thrash-Pioniere ein tolles Set an alten und größtenteils neueren Songs aus den letzten 15 Jahren ab, bei dem eigentlich niemand unzufrieden entlassen wird. Die Band ist gut drauf, Mille hat die Meute fest im Griff und die Rhythmussektion bestehend aus Ventor und Frederic Leclercq ist eh über jeden Zweifel erhaben. Lead Gitarrist Sami zaubert wieder tonnenweise geile Solos aus dem Ärmel. Kurzum, alles super… wie immer. Einzig mir fehlen ein paar mehr alte Songs aus der Kategorie Extreme Aggressions oder Flag of Hate. Aber das ist wohl der Veranstaltung geschuldet. Macht aber nix. The Kreator has returned. (Stelle)
DIE ÄRZTE – UTOPIA STAGE
Was soll man zur Besten Band der Welt noch groß sagen? Seit über 40 Jahren unterwegs und spätestens nach dem Split und der folgenden Reunion Anfang der 90er zu Legenden in der deutschen Musiklandschaft aufgestiegen. Bela, Farin und Rod haben natürlich auch am Ring wieder alle Zügel in der Hand und steuern das Publikum nach Belieben. Da Rock am Ring in diesem Jahr am Wochenende der Europawahl stattfindet, nutzen Die Ärzte die Gelegenheit natürlich (zurecht) um sich deutlich gegen rechts zu positionieren und ernten damit natürlich (zurecht) lautstarke Zustimmung. Songs wie Sommer nur für mich (Scheint die Sonne auch für Nazis?) oder Schrei nach Liebe spiegeln demnach auch die aktuelle Situation sehr gut und werden von allen anwesenden lautstark mitgesungen.
Natürlich haben sich Die Ärzte über die Jahrzehnte ein fest bestehendes Bühnenkonzept erarbeitet, von dem sie nur selten abweichen. Das kann man als fehlende Innovation bezeichnen. Aber es funktioniert. Von daher ist alles ok.
Morgen geht’s dann weiter. Folgt uns auf Facebook, um nichts von unserer Berichterstattung zu verpassen. (Stelle)
Bildnachweis: Thorsten Korbella / Moshpit Passion.