Konzertbericht: The Gathering – 27.08.2025, Nijmegen (Doornroosje)
The Gathering Konzertbericht Nijmegen 2025: Als im Dezember 2024 bekannt wurde, dass The Gathering in Originalbesetzung mit Anneke van Giersbergen zurückkehren würden, war klar: das wird groß. Anlass war das 30-jährige Jubiläum von Mandylion (1995). Die ersten beiden Konzerte in Nijmegen waren nach fünf Minuten ausverkauft, die zwei Zusatztermine ebenso, und am Ende gab es sogar noch einen dritten Zusatztermin am Mittwoch, den 27. August 2025. Genau dort waren meine Frau und ich dabei – und was wir erleben durften, gehört für mich zu den absoluten Sternstunden meiner mittlerweile fast vierzigjährigen Konzertlaufbahn.
Anreise & erster Eindruck
Der Tag begann unspektakulär: Arbeiten, schnell ins Auto und ab nach Nijmegen. Rund 110 Kilometer Fahrt lagen vor uns, die das Navi mit 90 Minuten veranschlagte – und tatsächlich kam das auf die Minute hin. Um 18:30 Uhr rollten wir ins Parkhaus direkt neben der Location „Doornroosje“. Perfekte Organisation schon hier – nur dass ich natürlich mein Portemonnaie im Auto vergessen hatte. Also wieder zurück, was sich als Glücksfall herausstellte, denn wir hatten uns ohnehin in die falsche Richtung bewegt. Am Ende standen wir also doch punktgenau am richtigen Eingang und warteten auf den Einlass.
Pünktlich um 19 Uhr öffneten die Türen. Und was dann geschah, ist mir in Deutschland noch nie passiert: Eine Schlange von mehreren hundert Metern Länge war innerhalb von drei Minuten komplett im Gebäude. Kein Gedrängel, keine Hektik – drei Leute mit Barcodescannern, fertig. Effizienz, wie man sie sich wünscht.
Drinnen: Atmosphäre & Organisation
Im Inneren des Doornroosje gönnte ich mir erstmal den obligatorischen Boxenstopp. Danach ging es weiter in den großen „Rode Zaal“, der rund 1.100 Zuschauer fasst und an diesem Abend natürlich rappelvoll war. Vorbei am Café – das gleichzeitig der Merchandise-Bereich war und mir zunächst viel zu überfüllt erschien – suchten wir direkt den Konzertsaal. Dort entdeckten wir sofort den Balkon, von dem aus wir nicht nur einen fantastischen Blick auf die Bühne hatten, sondern auch eine perfekte Soundposition.
Apropos Sound: Schon beim Getränkekauf fiel auf, wie reibungslos hier alles läuft. In den Niederlanden wird grundsätzlich nur per Karte bezahlt, was den Ablauf extrem beschleunigt. Kein Kleingeld, kein Gefummel, alles kontaktlos und zackig. Einziger Wermutstropfen: 3,80 Euro für 0,25-l-Cola und 6,10 Euro fürs Bier sind schon amtlich. Dafür kostete das Parkhaus nur 50 Cent pro Stunde und die Garderobe war kostenlos – irgendwo gleicht es sich also wieder aus.
Am Merch-Stand schlug ich später doch noch zu, als meiner Frau kalt wurde: Ein Hoodie für 50 Euro, Shirts für 30 – im heutigen Konzertgeschäft fast schon die faire Variante.
Showbeginn: Gänsehaut von Sekunde eins
Um Punkt 20:30 Uhr begann die Show. Keyboarder Frank Boeijen eröffnete mit „Mandylion“, einem fast fünf Minuten langen Instrumentalstück, das als mächtiges Intro diente. Während der sphärischen Klänge betraten nach und nach die Bandmitglieder die Bühne: Hugo Prinsen Geerlings am Bass, Jelmer Wiersma an der Gitarre, René Rutten an der Gitarre und Hans Rutten am Schlagzeug. Jeder einzelne wurde mit lautem Applaus empfangen. Doch als schließlich Anneke van Giersbergen auf die Bühne trat, brach ein regelrechtes Inferno los. Dieser Moment allein war das Eintrittsgeld wert.
Direkt im Anschluss folgte der Klassiker „Eleanor“.
Publikumsinteraktion & Ansage von Anneke
Danach begrüßte Anneke das Publikum offiziell und freute sich im Namen der ganzen Band über so viel Zuspruch. Sie fragte das Publikum, woher die Leute angereist waren: Zuerst aus Nijmegen selbst – nur ein paar Hände gingen hoch. Dann aus den Niederlanden – wieder nur vereinzelt Hände. Schließlich: „Wie viele kommen aus dem Ausland?“ – und die Halle explodierte in tosendem Jubel. Jeder sollte rufen, woher er kam, und es entstand ein wildes Durcheinander. Am häufigsten hörte man „Deutschland“ (kein Wunder, Nijmegen liegt nur rund 10 km von der Grenze zu Kleve entfernt). Aber auch Länder wie Kroatien, Brasilien und sogar Australien waren vertreten.
Anschließend sagte Anneke, dass sie nur ungern den Partycrasher spiele, aber sie bat darum, nicht die komplette Show mit Handys aufzunehmen. „Macht Fotos oder eine Insta-Story – wir teilen sie auch – aber genießt bitte den Moment.“ Tosender Applaus folgte, und tatsächlich sah man danach nur noch vereinzelt hochgehaltene Handys. Eine sehr starke Ansage, die ihre Wirkung zeigte.
Es folgten „Fear the Sea“ und „In Motion #1“. Und schon hier wurde klar: Der Sound war schlicht perfekt. Jedes Instrument hatte Raum, nichts matschte, Annekes Stimme stand klar und erhaben über allem. Man hätte fast glauben können, eine perfekt gemasterte Live-Aufnahme zu hören – nur dass es eben wirklich live war. Genau das ist der Unterschied: In den Niederlanden sind die Clubs akustisch gebaut, in Deutschland spielt man oft in improvisierten Bretterbuden.
Besonders auffällig war der Gitarrensound von René Rutten. Er spielt komplett analog, mit einigen klassischen Tretpedalen vor sich und über Koch Amps, einen niederländischen Verstärker- und Boxenhersteller. Was da aus den Boxen kam, war ein Sound, der zugleich glasklar und crunchig war und dennoch eine brutale Power hatte. Dieser Ton war so massiv, dass sich so manche „moderne“ Band die Finger danach lecken würde – und das, obwohl The Gathering in keiner Sekunde „brutal“ klingen. Es war schlicht ein unfassbar kraftvoller, dynamischer Sound, der die Songs zusätzlich getragen hat.
The Gathering Konzertbericht Nijmegen 2025: Die Reise durch die Alben
Nach dem ersten Block vom Jubiläumsalbum bot die Band einen Querschnitt durch alle Anneke-Ären: „Nighttime Birds“, „How to Measure a Planet?“, „If Then Else“, „Home“ und „Souvenirs“. Jeder Song wurde von der Lightshow und den Visuals auf dem LED-Screen perfekt untermalt – ein audiovisuelles Erlebnis, das nicht nur nostalgisch war, sondern auch zeitlos modern wirkte.
Zum Finale kehrte die Band zurück zu den restlichen Mandylion-Songs, bevor nach satten 90 Minuten zunächst Schluss war. In Zeiten, in denen Headliner oft nach 70 Minuten abtreten, ist das schon eine Ansage.
Natürlich ließ sich das Publikum nicht abspeisen und rief die Band zurück. Die Zugabe begann – wie nicht anders zu erwarten – mit „Strange Machines“, dem wohl größten Hit der Band. Danach folgte das epische „Travel“ vom Album How to Measure a Planet?, bevor das melancholische „Saturnine“ (If Then Else) den endgültigen Schlusspunkt setzte. Nach knapp zwei Stunden war dieses außergewöhnliche Konzert zu Ende.
Heimweg & Kuriositäten
Obwohl ich normalerweise einer derjenigen bin, die kurz vor der letzten Zugabe schon Richtung Ausgang streben, blieben wir diesmal bis zum Schluss. Die Dankesreden der Band, die Standing Ovations und das kollektive Glücksgefühl wollten wir uns nicht entgehen lassen. Und selbst danach lief alles reibungslos: In fünf Minuten waren wir draußen, im Parkhaus und kurze Zeit später auf der Autobahn.
Im Parkhaus selbst gab es allerdings einen kleinen Knackpunkt: Zwischen dem Bezahlen des Tickets und der Ausfahrt lagen offiziell nur 15 Minuten Zeit. Eigentlich ein Stressfaktor, wenn hunderte Autos gleichzeitig raus wollen. Doch der Parkwächter hatte die Situation sofort erkannt und kurzerhand beschlossen, die Schranken manuell zu öffnen. Kein Ticket reinstecken, kein Warten – einfach hoch mit der Schranke. Ein Service, den ich so auch noch nie erlebt habe. 25 Minuten nach Konzertende waren wir schon auf der Autobahn. Vorbildlich!
Die eigentliche Komödie begann aber erst danach: Wir hatten Hunger. McDonald’s war hell erleuchtet, Gäste saßen drin – aber um fünf vor elf wurden keine neuen Gäste mehr hereingelassen. Auf den Raststätten entlang der Autobahn: alles ab 21 Uhr dicht. Für mich völlig unverständlich. Also blieb nichts anderes übrig, als die 110 Kilometer hungrig nach Hause zu fahren. Dort gab’s dann ein schlichtes Brot. Irgendwie ein seltsamer Kontrast nach einem so außergewöhnlichen Abend.
Fazit
Nach fast vier Jahrzehnten voller Konzerte – und The Gathering mittlerweile zum 13. Mal – kann ich mit gutem Gewissen sagen: Das hier war eines der besten Konzerte meines Lebens. Perfekter Sound, eine Band in Höchstform und ein Publikum, das sich vom ersten Moment an tragen ließ.
Man spürt, dass diese fünf Konzerte in Nijmegen eine Art Testballon waren. Alle ausverkauft, jetzt schon die Ankündigung für Wacken 2026. Ich hoffe inständig, dass die Band in dieser Besetzung weitermacht – meinetwegen dürfen sie diese Ära auch ausschlachten. Denn wenn die Qualität so hoch bleibt, dann gibt es nichts Vergleichbares.
The Gathering mit Anneke sind in dieser Form unschlagbar. Punkt.
Setlist – The Gathering (27.08.2025, Doornroosje Nijmegen)
- Mandylion
- Eleanor
- Fear the Sea
- In Motion #1
- On Most Surfaces (Inuit)
- Broken Glass
- Waking Hour
- Great Ocean Road
- Probably Built in the Fifties
- Analog Park
- In Motion #2
- Leaves
- Sand and Mercury
Encore:
- Strange Machines
- Travel
- Saturnine
Weiterführend: Doornroosje Nijmegen | The Gathering (offiziell)