Egotronic – das Gespräch zu „Ihr seid doch auch nicht besser“
Egotronic veröffentlichen am Freitag, den 13. September ihre neue Platte. Die ersten Singles aus dem Album kamen bei den Fans und in der Redaktion sehr gut an. Wir schnappten uns die Band und sprachen über den Silberling.
Anmerkung von der Chefredaktion über das Interview:
Moshpit Passion spricht sich klar und deutlich gegen Rassismus, Faschismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Homophobie und Gewalt aus. Dies steht in unseren FAQ´s und im Vorwort jeder! gedruckten Zeitung. Wer das Magazin verfolgt weiß, dass wir Veranstaltungen wie z.B. das „Rage Against Racism“ eine Plattform geben (um nur ein Beispiel zu nennen!) oder uns auch sehr über Beiträge von Bands wie Egotronic freuen.
Wir vertreten NICHT die Ansicht der Band, dass Feuer mit Feuer bekämpft werden kann (besonders wenn es um psychische Gewalt geht, generell). Durch dieses Verhalten macht man genau die stark, die groß „Ihr seid doch auch nicht besser“ rufen und schwächt die, die sich deutlich gegen Randgruppen wie Nazis positionieren.
Auch wenn Egotronic und Moshpit Passion unterschiedliche Ansichten von dem Thema „Gewalt“ haben, weisen wir vehement den Vorwurf zurück, wer nicht die gleiche Ansicht/Meinung der Band hat, O-Ton „singt, ob er nun will oder nicht, schon das Lied der rechten Propaganda“. Es gibt mehr als nur schwarz und weiß in dieser Welt:
I see the world in a different light
Things not always black and white
Through all these years still, to this day
My hardened eyes see only shades of grey
Biohazard – Shades of Grey
Die Band im Gespräch
Seit 2006 veröffentlicht ihr Alben. Was waren für euch die größten Niederschlänge und Highlights in eurer Karriere?
Ein Highlight war, als wir am Jahrestag der Bombardierung Dresdens 2005 vor der Synagoge spielten. Es gab den ganzen Tag über immer wieder Versuche der Nazis, unsere Kundgebung anzugreifen, die aber alle abgewehrt werden konnten. Als wir dann spielten und gerade „Exportschlager Leitkultur“ zum Besten gaben, fuhr ein Nazibus vorbei, der direkt vom Publikum entglast wurde. Wunderbarer Moment. Weitere Highlights waren natürlich die Tour zu „Lustprinzip“, als plötzlich alle Shows ausverkauft waren und das erste Mal Hurricane. Da liefen nach Verlassen der Bühne die Tränen, weil das so heftig war. So richtig krasse Niederschläge hingegen fallen mir gerade nicht ein. Klar gibt es die auch immer wieder, aber ich wüsste gerade keinen, der so heftig war, dass er erzählenswert wäre.
Das Musikbusiness hat sich in den letzten 15 Jahren stark gewandelt. An welchen Stellen habt ihr selber diesen Einfluss gemerkt?
Plattenverkäufe gehen konsequent zurück. Musikhören läuft hauptsächlich über Stream und ich frage mich, ob die Leute immer noch ganze Alben hören. Allerdings muss ich mich selbst auch unter „die Leute“ subsumieren.
Seid ihr Old School oder New School? Kauft ihr eure eigenen Platten auf CD/Vinyl im Laden? Oder reicht euch ein Stream auf dem Smartphone?
Ich glaube, in der Band ist das unterschiedlich, aber ich bin definitiv New School und höre den Stream, allerdings war ich auch auch früher nicht wirklich ein Plattensammler.
Euer neuntes Album steht in den Startlöchern. Wohin soll die Reise schwerpunktsmäßig gehen?
Meiner Meinung nach ist mit der Platte die Entwicklung vom alleine am Rechner Produzieren zum mit Band im Studio aufnehmen, also der Wechsel vom Elektropunk mit Schwerpunkt Elektro zu Elektropunk mit Schwerpunkt Punk, gefühlsmäßig abgeschlossen. Ich bin sehr zufrieden mit der Scheibe und freu mich erstmal auf die Tour mit den neuen Songs. Wie es auf Album 10 weitergehen wird, weiß ich noch nicht genau. Ich weiß nur, dass ich mich auf keinen Fall einfach wiederholen, sondern auch zukünftig Neues ausprobieren will.
An wen richtet sich der Albumtitel „Ihr seid doch auch nicht besser“? Unsere Eltern? Politiker? Gutmenschen?
Das ist doch der klassische Vorwurf, den man als Linker sowohl von den sogenannten „besorgten Bürgern“, als auch der Mitte kassiert. Auf dem Cover sieht man Leute der Mitte und der Rechten. Angesprochen wird also die Person, die die Platte in Händen hält, heißt: Wir selbst und unsere Freund*innen und Fans.
Ihr befasst euch bei dem Song „Linksradikale“ mit dem Status Quo. Die Antifa z.B. hat im Kern eine interessante Ideologie, die ich zu teilen nachvollziehen kann. Leider verwenden die und ähnliche Gruppierungen eine gleiche Sprache wie das, was sie bekämpfen wollen: Gewalt. Wie kann man denen erläutern, dass Gewalt nicht die Antwort auf Gewalt sein kann und man dadurch nicht gleich besser ist wie „Rechtsradikale“?
Sorry, aber das ist Unfug. Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen Gewalt gegen Minderheiten, wie sie von Nazis propagiert und praktiziert wird und Gewalt, die diese Gewalt gegen Minderheiten verhindern soll. Oder betrachten wir es historisch: Niemals in der Geschichte waren Nazis ohne Gewalt aufzuhalten oder zurückzudrängen. Wer das gleichsetzt, singt, ob er nun will oder nicht, schon das Lied der rechten Propaganda.
Traurig aber war, ich höre täglich diverse Vorurteile und Sätze wie: „Ich bin nicht rechts, aber“, „Ich kann verstehen, wieso Leute die AFD wählen“ oder auch „…mich würde bei dem Vorfall XY interessieren, welche Hautfarbe der Typ hatte“. Denkt ihr, die Medien sollten sich neutraler bei Vorfällen, die kommuniziert werden verhalten? Wie schafft man es solchen Mitbürgern die „Angst“ zu nehmen? Habt ihr da eine Idee?
Das Problem ist, dass die Leute, die so eine Scheiße reden, hassen wollen. Denen ist auch völlig egal, ob es ihnen schlecht geht, solange es anderen noch viel beschissener geht. Anstatt sich also zusammenzutun und zu überlegen, wie ein besseres Leben für alle erreicht werden kann, wird Kriminalität und alles was daneben läuft ethnisiert. Das ist so falsch wie wahnsinnig, aber leider weiß ich auch kein Allheilmittel, wie man da effektiv entgegenwirken kann, denn bei dieser Argumentation, die nur auf stumpfen Gefühlen basiert, kommt man mit Fakten leider nicht allzu weit. Das beweisen nicht zuletzt die Kommentarspalten der Social Media Kanäle Tag für Tag auf‘s Neue.
Ihr seid eine Band mit einer klaren Haltung und übt gut und gerne Sozialkritik. Was können Musikfans gegen rechtes Gedankengut unternehmen?
Nicht nachlassen, sich nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten einzumischen. Es ist anstrengend, aber eine andere Möglichkeit seh ich derzeit nicht.
„Berlin im Winter“ so kalt und doch so schön. Wo haltet ihr euch am liebsten auf?
Ich glaube, ich kann für die ganze Band sprechen, wenn ich sage, dass wir Wärme prinzipiell lieber mögen und Berlin im Winter meist eher unangenehm ist. Läge über die kalten Monate wenigsten konsequent Schnee, sähe die Sache sicherlich anders aus, aber das ständige Grau macht einen ganz schön fertig. Von daher sind wir da am Liebsten an Orten mit hoher Temperatur. Zuhause, Clubs, am Meer…
Wer oder was ist ein „Hundesohn“?
Ein wirklich gut klingendes Schimpfwort und natürlich der Horst.
Was erwartet den Besuchern auf eurer kommenden „Linksversiffte Unkultour“?
Ausschweifende Shows mit Songs von allen 9 Platten. Mit 1 Stunde Musik , wie z.B. bei Festival-Shows üblich, war es schon bei der letzten Tour nicht mehr getan und das sieht jetzt auf alle Fälle nicht anders aus. Eher im Gegenteil.
Wir nennen uns Moshpit Passion, habt ihr eine persönliche Geschichte wo ihr selber noch in den Pit gesprungen seid, die lustig oder durchgedreht ist?
Ich verbrachte weite Teile meiner Jugend im Moshpit. Das verlässt dich nie ganz. Wenn die Knochen mitspielen, mach ich das gerade bei eigenen Shows regelmäßig. Bei der letzten Tour wurde aber auch jeder Einzelne von uns mal mittenrein geschickt. So etwas kann man nämlich nur fühlen und nicht wirklich erklären.
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Bildnachweis: Bastian Bochinski / Audiolith.