Interview mit Saltatio Mortis beim Dong Open Air 2023
Alea, Falk und Frank von Saltatio Mortis haben sich am Rande des Dong Open Airs 2023 viel Zeit genommen um für Moshpit Passion ein ausgiebiges Interview zu geben. Warum es schon lange keinen Longplayer von Saltatio Mortis gab und ob es das überhaupt noch mal geben wird, lest ihr im folgenden Interview! … und was ist eigentlich ein Kumpel-Freundschaftliches Brudergerangel?
Der Dongberg
Tobi: Hallo in die Runde! Ich freue mich, dass ihr Zeit gefunden habt für Moshpit Passion ein paar Fragen zu beantworten. Wenn ich richtig recherchiert habe, ist Saltatio Mortis das erste mal hier auf dem Dongberg am Start, ist das richtig?
Falk: Hallo und gerne stehen wir für das Interview bereit! Wir sind tatsächlich das erste Mal auf dem Dong Open Air als Band auf der Bühne, wir (Alea und Falk) sind aber einmal schon mal auf dem Dongberg gewesen! Das war im Jahre 2004, da haben wir seinerzeit mit dem jetzigen Veranstalter ein Video für seine Diplomarbeit gedreht. Das war eine Geschichte über ein Liebespaar und wir haben sozusagen den Soundtrack dazu geliefert. Und jetzt, 19 Jahre später, hat er es endlich geschafft, uns zu buchen!
Tobi: Das ist ja eine verrückte Story! Hahaha! Jetzt 19 Jahre später, wie ist euer erster Eindruck vom Dongberg, bevor es nachher auf die Bühne geht?
Falk: Die Location hat damals schon fasziniert und das tut sie noch heute! Die Aussicht bis zum Schwarzwald, sehr viel Grün drumherum und überhaupt: Ein Festival auf nem Berg: faszinierend und richtig stark! Auch die Tücken, die die Location mit sich bringt, werden super vom Orga-Team gehändelt.. ein großes Lob! Ich dachte heute morgen so: wow, wie soll man das logistisch hinbekommen, das alles auf den Berg zu schaffen! Aber dass sie es hinbekommen zeigt, mit wieviel Herzblut hier ans Werk gegangen wird. Ich war vorhin auch schon mal im Infield und war echt angetan von der positiven Stimmung und auch davon, wie voll es schon bei den ersten Acts am Mittag war… Bin also echt mal gespannt, wie es heute Abend wird, wir sind guter Dinge!
Die Zusammenarbeit mit Peyton Parrish
Tobi: Ich bin mir sicher, dass da heute Abend richtig die Post abgehen wird! Alea, du hast ja kürzlich ein Songprojekt mit Peyton Parrish gestartet, dabei ist der Song „God of War“ herausgekommen. Mich würde mal interessieren, wie es dazu kam! Wer ist da auf wen zugegangen?
Alea: Also ich muss mich jetzt mal als kleiner Fanboy outen: Ich habe seine Mucke schon eine ganze Weile verfolgt. So ist z.B. auch sein Song „Dane“ in meiner Trainings – Playlist drin. Wir (Falk und ich) haben dann die ganze Zeit schon überlegt, mit dem müssen wir mal was machen, wie könnte das klappen, wann könnte man das machen und so weiter. Und dann hat er uns plötzlich per Instagram auf unserem Band-Account angeschrieben! Das hätte auch einfach so untergehen können… und man denkt natürlich auch erst: Das ist doch nicht echt… War es aber! Peyton ist nämlich schon lange Fan unserer Musik, das wussten wir gar nicht! Er hat also den ersten Schritt gewagt und uns angeschrieben mit dem Vorschlag, mal zusammen was zu machen! Er hat dann noch erzählt, dass er kurz bevor er die Nachricht an uns geschrieben hat mit seinem Vater und seiner Freundin zusammen saß und noch so zauderte: „… ja kann ich denen eigentlich einfach so schreiben ?“ Hahaha! Aber genau so funktioniert die Welt: Man muss es einfach mal tun, über seinen Schatten springen und dann passieren ungeahnte Dinge!
Tobi: Ist das denn jetzt eine einmalige Sache, oder kann man in die Richtung zukünftig noch mehr erwarten?
Alea: Das kann ich jetzt noch gar nicht sagen. Wir performen jetzt erstmal zusammen auf Wacken und dann gucken wir mal, was so noch alles passiert. Peyton spielt selber auch zwei Shows in Deutschland, die auch schon gut verkauft sind. Wir werden jetzt in den nächsten Monaten erstmal das feiern, was wir zusammen erschaffen haben und dann schauen wir mal weiter!
Ein neues Saltatio Mortis – Album? Oder nicht?
Tobi: Euer letztes Album „Für immer frei“ habt ihr 2020 veröffentlicht. Natürlich konntet ihr coronabedingt das Album zunächst nicht so präsentieren, wie ihr euch das eigentlich gewünscht habt. Dann habt Ihr in der Folgezeit immer mal wieder einzelne neue Songs rausgehauen, z.B. „Taugenichtse“ oder „Odins Raben“. Sind das Vorboten für ein neues Saltatio Mortis – Album oder ist da erstmal noch nicht mit zu rechnen?
Falk: Ich denke die ganz große Frage, die sich alle Musiker heutzutage stellen ist: „Sind Alben noch sinnvoll?“ Wer, außer richtige Fans von uns, würde denn ein solches neues Album kaufen? Es würde keiner in ein Musikladen gehen und sagen: „Oh, Saltatio Mortis hat ein neues Album, das nehme ich mir mal mit!“ – es gibt solche Musikläden auch gar nicht mehr. Diese ganze Kultur, in ein Musikladen zu gehen, sich beraten zu lassen von einem Fachmann, das gibt es einfach nicht mehr. So gut der Algorithmus von Spotify ist, er wird nie den Plattenladen und den Fachmann ersetzen.
Wir denken vielleicht noch in Alben, die Welt da draußen aber in Songs. Natürlich haben wir den Wunsch wieder ein Album zu veröffentlichen, aber wann dieser Wunsch in Erfüllung gehen wird, das können wir derzeit noch gar nicht sagen.
Alea: Ein Album gibt natürlich die Möglichkeit ganz andere Songs zu präsentieren, eine größere Bandbreite, man kann eine Geschichte erzählen usw. Aber wann der Zeitpunkt dazu da ist, das müssen wir mal sehen. Wir haben im Moment so viele Projekte, die gerade laufen oder noch in der Pipeline sind, da müssen wir erstmal schauen, wann wir das mit einem Album hinkriegen.
Außerdem haben wir gerade aktuell eine sehr straffe Tourplanung. Leute, kommt zu dieser Tour! Ihr werdet eine Saltatio Mortis – Show erleben, wie ihr sie noch nie zuvor gesehen habt! Vom Bühnenkonzept bis ins kleinste Detail: das wird komplett anders sein, als je zuvor! Unbedingt anschauen!
Falk: Wir sind zusammen mit Alestorm unterwegs! Wir haben schon so sehr Bock darauf! Die Alestorm Fans und unsere Fans… das kann nur geil werden! Wir haben eine große Schnittmenge, das wird grandios! Also, kommt auf die Tour, Bands leben heutzutage davon zu touren, leider nicht mehr von Musikveröffentlichungen. Kauft euch Karten im Vorverkauf, er ist bisher schon gut angelaufen.
Frank: Noch mal zurück zu den Songs, die wir seit dem letzten Album veröffentlich haben. Dieser Ansatz, einzelne Songs rauszuhauen gab uns die Möglichkeit eine viel größere Bandbreite auszuprobieren. All die Songs wären so niemals zusammen auf einem Album erschienen, dafür sind sie einfach viel zu verschieden.
Falk: Natürlich hat der Ansatz, einzelne Songs zu veröffentlichen im Vergleich zu einer Albumveröffentlichung auch einen Nachteil: Du bist verdammt immer nur Hits zu produzieren. Also Songs, wo du dir sagst: Die funktionieren immer. Aber diese „Afterburner“-Songs, die langsam wachsen, klassische B-Seiten oder Ähnliches die wird es in der Art, wie heute mit Musik umgegangen wird, zukünftig nicht mehr geben!
Alea: Also wenn heutzutage Songs wie „Hotel California“oder „Free Bird“ rausgekommen wären, ganz ehrlich: Nach der Hälfte der Soli hätten die Leute einfach weitergeskippt und die Songs wären niemals so groß geworden!
Frank: Diese Art Songs würden nicht existieren können, alleine wenn man nach den Regeln der Streamingdienste geht. Natürlich gibt es Bands und Artists aus der Vergangenheit, die immer noch Narrenfreiheit haben, aber dazu sind wir einfach zu spät auf der Bildfläche erschienen! Ich finde es grundsätzlich einfach schade, dass es Leute mit guten Ideen bei den aktuell herrschenden Regeln extrem schwer haben im Business Fuß zu fassen.
Saltatio Mortis hat sich dem Ganzen einfach angepasst. Wir gucken, was die Welt uns gerade für Regeln und Vorgaben gibt und schauen, was wir daraus machen können. Man kann sich dem natürlich auch verschließen und beleidigt sein, das Problem ist nur: bevor du aufhörst beleidigt zu sein, geht dir das Geld aus.
Memoiren und Rückblicke
Tobi: Falk, du hast dieses Jahr einen guten Aprilscherz gebracht, als du einen Post veröffentlicht hast, dass du deine achtbändigen Memoiren veröffentlichen wolltest. Wie schaut es da bei euch grundsätzlich eigentlich aus, wäre sowas irgendwann mal ernsthaft denkbar, als Band oder Einzelperson über das Business und seine Laufbahn seine Memoiren zu verfassen?
Alea: Also von meiner Seite aus kann ich nur sagen, dass es noch viel zu früh ist, sich ernsthaft Gedanken drüber zu machen. Es wird noch so viel passieren, die Reise ist gerade mal gestartet. Irgendwann mal wäre das ein mega Projekt, was man angehen sollte, aber gib uns noch ein bisschen Zeit! Wenn man an den Punkt kommt und sagt: „Jetzt erzähle ich meine Geschichte“ dann ist die Geschichte auch in der Regel zu Ende.
Falk: Ich finde das eine mega spannende Frage. Man muss sowas ja irgendwie auch vorbereiten. Wir erleben über das Jahr gesehen so viel und wissen dann kaum mehr wann, wie und wem irgendwas passiert ist. Zum Beispiel an den Dreh hier auf dem Dongberg habe ich bestimmt 15 Jahre nicht mehr gedacht. Ich komme hier an, da macht es Klick und ich sehe die absurden Sachen die wir hier gemacht haben wieder vor meinem inneren Auge. Man braucht also Triggermomente. Man muss irgendwie dazu kommen Dinge festzuhalten, aber ich bin ganz bei Alea und sage: jetzt wäre es noch viel zu früh einen Cut zu machen und sein Memento Mori zu schreiben. Wir haben für so ein Projekt obendrein auch noch nicht den richtigen Partner gefunden.
Demokratie und Bandgefüge bei Saltatio Mortis
Tobi: Ihr seid sieben Bandmitglieder. Wie läuft das bei euch innerhalb der Band so ab, wenn grundsätzliche Entscheidungen anstehen, organisatorisch, musikalisch? Geht das komplett demokratisch ab, z.B, fünf sagen super, zwei sagen, ne finde ich doof und dann wirds gemacht?
Falk: Wir haben einen Schrank, da drin sind Baseball-Schläger und andere Werkzeuge und jeder der seine Meinung verstärken will geht da hin und bedient sich! Hahaha!
Also wenn wir eine Idee haben, dann war es bisher immer so, dass wir alle davon begeistert waren und dann machen wir das. Wir haben nicht den einen Häuptling in der Band, im Gegenteil wir sind alle Häuptling! Wir sind aber als Gefüge immer in der Lage zu erkennen, wenn eine Idee wirklich brilliant ist und dann wird die auch durchgezogen. Andersrum ist es auch so, wenn einer mit einer Idee ankommt, die jetzt nicht so toll ist, dann ist da der Rest der Band als Korrektiv zur Stelle und erkennt, dass das jetzt nicht so angebracht ist. Wir sind ein sehr sehr gutes Team! Über viele Dinge brauchen wir gar nicht diskutieren, wir kennen uns in dieser Besetzung jetzt schon seit 10 Jahren, da ist vieles schon sehr eingespielt. Dazu kommt dann noch eine sehr gute Booking-Agentur und ein tolles Team um uns herum.
Nach Corona haben wir alles auf links gedreht und wollten wieder neue Wege gehen. Wir haben die Booking-Agentur und das Management gewechselt und bzgl. der Plattenfirma wird es bald Änderungen geben. Alles ist neu und im Umbruch, wir ruckeln uns gerade zurecht. Das löst großartige Schaffensprozesse aus, wir sind offener geworden was das Songwriting angeht und sind bereit zu experimentieren und die Elastizität unserer Fans auszuprobieren.
Alea: Ich würde das nicht „experimentieren“ nennen, wir sitzen halt zusammen und sagen: „Ich habe Bock das zu machen“. Genau so schreiben wir Songs und so muss das auch sein! Wir wollen ja nur das machen, wo wir Bock drauf haben. Wir hören oft von Altfans: „Ja früher war alles besser“ – dann sage ich: ich negiere, ja nicht das, was war. Aber wir sind heute einfach andere Charaktere, älter, haben andere Interessen… Da muss man uns zugestehen die Musik zu machen, zu der wir jetzt Bock haben!
Der Moshpit Passion – Fifepit mit Saltatio Mortis
Tobi: Traditionell soll es am Ende des Interviews wieder den Moshpit Passion – Fifepit geben. Fünf kurze Fragen, fünf kurze Antworten! Los geht´s! Was rotiert gerade aktuell auf deinem Plattenteller?
Falk: Oh Gott, Oh Gott… was habe ich denn zuletzt gehört… (Alea gähnt…) Ah, Freunde von mir haben eine Folkband mit dem Namen Fior, herrlicher Folk, mit Liedsammlungen und Stücken aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Björn, weiter so, ich bin Fan!
Frank: Gestern Faith no More!
Alea: Seit dem Rockharz ein Ohrwurm, den ich nicht loswerde: „I am a dwarf and I´m digging a hole….“ Hahaha… Auf jeden Fall Wind Rose mit „Diggy Diggy Hole“!
Tobi: Hahaha, sehr gut! Nächste Frage: Euer letztes Konzert als Besucher?
Falk: Yamato! Die japanischen Trommler!
Frank: The Winery Dogs in Köln!
Alea: Eine Einzelband ist gerade schwer… auf jeden Fall Rock Harz als Festival!
Tobi: Frage drei: Eure Lieblings-Venue?
Falk: Puh…schwierig… also ich bin super gerne beim Wacken! Wacken hat es einfach geschafft, dass ich da hinkomme und mich jedes Mal richtig „special“ fühle. Von den letzten beiden Mal Wacken habe ich jedes Mal ein Tattoo mitgebracht! Dieses Festival hat einen mega Charme.
Frank: Auch Wacken! Wegen dem Catering!
Alea: Also bei mir sind es Festivals generell. Ich muss sagen, da ich jetzt dieses Jahr das zweite Mal beim Rock Harz war, da so langsam zum Inventar gehöre, Backstage jeden kenne und das ganze sich immer anfühlt wie ein Familientreffen, ist es bei mir das Rock Harz Festival!
Tobi: Vierte Frage, kurz und knapp: Pils oder Alt?
Falk: Wasser! Kein Alkohol!
Frank: Letztes Bier 1997!
Alea: Pils!
Tobi: So, nun die letzte Frage: Wir heißen ja Moshpit Passion und daher die Frage: Gibt es Geschichten, Erlebnisse oder Ähnliches von Saltatio Mortis aus dem Moshpit zu erzählen?
Falk: Ja, gibt es! Wir hatten mehrer Konzerte, bei dem wir jemandem im Publikum hatten der eine Warnweste mit der Aufschrift „Moshpit-Adviser“ trug! Ein riesiger Kerl, der selbsternannt den Moshpit angeleitet hat. skurril aber auch ziemlich cool! Der hat genau gesagt, wie es laufen soll und er mitten drin!
Ich könnte jetzt noch einige Geschichten erzählen aus unserer geilen Community, die super aufeinander aufpasst. Es stürzt einer und es wird sofort aufgeholfen so muss das sein! Rauhbeinig, aber ein Miteinander! Ein Kumpel-Freundschaftliches Brudergerangel ! Hahaha!
Frank: Wir haben immer mal wieder Songs in der Setlist, bei dem sich Alea während er singt durch die Menge tragen lässt. Die Befürchtung ist immer: kommt er rechtzeitig und überhaupt wieder! Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass er wiederkommt, es gab aber auch schon andere Fälle! Hahaha! Ein bisschen Schwund ist immer, dann spielen wir halt ohne ihn weiter!
Alea: Ein Moshpit, in dem ich immer gerne gewesen wäre als ich 15 Jahre alt war: Slayer! Ich habe mir damals die Doppelvinyl „Decade of Aggression“ aufgelegt und habe mich anschreien lassen und geträumt, dass ich mich jetzt bei „War Ensemble“ in die Massen stürze!
Frank: Da fällt mir auch noch was witziges ein! Alea hat früher auch gerne mal die Menge geteilt, ist dann ganz nach hinten gegangen und dann mit einer Fahne Richtung Bühne losgerannt. Die Menge schloss sich und du hast nur noch diese Fahne rumhüpfen sehen und dachtest dir… oh Mann, wann sehen wir ihn wieder?
Alea: Einmal auf dem Blackfield Festival, Fahne in der einen Hand, Mikrofon in der anderen Hand, bin ich Richtung Bühne gerannt und ich musste ja über die Barriere rüber… Das hat eigentlich immer geklappt, nur da nicht! Ich blieb so ein bisschen hängen und bin dann wie so ein Projektil unten in die Bass-Box reingeballert, die danach dann auch ziemlich im Arsch war! Hahaha!
Falk: Und abschließend noch ein Tip: Wenn ihr einen Moshpit erleben wollt, der vom anderen Stern ist, dann müsst ihr unbedingt mal zu einem Finch – Konzert gehen! Was da abgeht ist nicht zu beschreiben! Hahaha!
Tobi: Vielen Dank für eure zahlreichen Geschichen aus dem Moshpit, das Interview insgesamt und eure Zeit! Alles Gute bei euren weiteren Festivalterminen und bei der anstehenden Tour mit Alestorm!
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