Interview mit Screamer beim Rock Hard Festival 2023
Drummer und Gründungsmitglied Henrik Petersson der Schweden von Screamer stand Moshpit Passion am Rande des Rock Hard Festivals 2023 ausführlich Rede und Antwort. Bei einem leckeren Bierchen war er in Erzähllaune, Geschichten von lauten Nachbarkühen und Dämonenreitern inklusive!
Der Auftritt von Screamer beim Rock Hard Festival
Tobi: Hi Henrik! Vielen lieben Dank für deine Zeit und die Bereitschaft ein paar Fragen für Moshpit Passion zu beantworten. Zunächst mal zu eurem heutigen Gig. Ich finde ihr habt grandios die Bühne gerockt, als Opener hattet ihr schon ein stattliches Publikum im Amphitheater versammelt. Wie schätzt ihr euren 2. Gig beim Rock Hard Festival ein? Euer erstes Mal beim Rock Hard Festival war ja 2014!
Henrik: Ja richtig, 2014 war unser erster Auftritt hier beim Rock Hard Festival. Das war damals eine grandioser Festivalsommer, wobei wir in dem Jahr auch ohne etatmäßigen Sänger dastanden. Unser Freund Oscar Andersson von der Band „Night“ sprang zum Glück ein und absolvierte die Shows. Ein halbes Jahr später kam dann unser Sänger Andreas (Wikström) zu Screamer.
Unser heutiger Gig hat uns umgehauen. 2014 hatten wir vielleicht ein Drittel der Leute vor der Bühne… das heute haben wir so nicht erwartet! Für mich persönlich war das auf jeden Fall ein Alltime – Top Five Gig von Screamer! Jonathan (Morheim), unser neuer Gitarrist sagte mir gerade nach der Show: „I think this was the best thing I´ve done in my life!„ …er ist auch seit kurzem Vater, haha! Kleiner Scherz… aber es hat ihn auf jeden Fall auch umgehauen, was da heute vor der Bühne los war!
Die kürzlich beendete Tour mit Skull Fist
Tobi: Ihr habt gerade Ende April eure Tour mit Skull Fist beendet. War das eure erste richtige Tour nach Corona und wie ist es aus eurer Sicht gelaufen?
Henrik: Ja, ich glaube, dass war die erste richtige Tour nach Corona. Wir haben zunächst ziemlich hart daran gearbeitet das neue Album fertig zu bekommen, es war dann ca. 14 Monate vor dem Release fertig.
2022 haben wir auf dem Heavy Metal Thunder in Tschechien nach Corona wieder das erste richtig Festival gespielt… das war unbeschreiblich, nach drei Jahren endlich wieder Leute zu sehen, die von Ohr zu Ohr grinsen! Haha!
…ach Moment mal.. Ganz vergessen, dass wir ja letztes Jahr auch noch 60 Shows in den USA gespielt haben Hahaha, kann man ja mal vergessen! Also war die Tour mit Skull Fist die erste Europatour nach Corona!
Tobi: Bei eurer Tour mit Skull Fist: Welches Land hat am meisten gerockt? Was waren die Highlights?
Henrik: Wir waren von jedem Land überwältigt, in dem wir waren. Dänemark, Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Spanien. In Dänemark haben wir zwei Shows gespielt und waren besonders aufgeregt, denn wir wissen überhaupt nichts über Dänemark! Dann gings nach Deutschland… Hamburg als erstes…sold out! Wir waren überwältigt! Dann einen Tag später 150 Leute auf einem Sonntag in Lübeck…geil! Dann 150 Leute in Kassel auf nen Montag…und so ging es weiter!
Die gesamte Tour war fantastisch…du musst wissen, wir sind eine mittelgroße, kleine Band, keine kleine große Band…verstehst du? Skull Fist ist eine große kleine Band, wir sind mittelgroß klein! Haha!
Am Ende der Tour sagte Andreas (Wikström): Diese Tour war doch einfach zu gut, irgendwas muss doch jetzt noch passieren! Und zack: auf unserer Heimreise aus Spanien platzte erst ein Reifen unseres Tourbusses, dann gabs ein Frontcrash und wir saßen eine Woche in Frankreich fest! Man darf es halt nicht heraufbeschwören! Haha! Aber was solls: Wir hatten davor auf Tour jeden Tag so viel Spaß mit Skull Fist… die sind 10 von 10! Es war einfach eine perfekte Release-Tour zum neuen Album!
Ist Deutschland für Screamer was Besonderes?
Tobi: Ihr habt bereits viele Gigs in Deutschland gespielt, für dieses Jahr sind noch einige hier geplant: Habt ihr eine besondere Beziehung zu Deutschland?
Henrik: Die Deutschen hegen eine lange Heavy Metal Tradition, außerdem gibt´s hier sehr viele Leute auf engem Raum. Schweden zum Beispiel ist ein unheimlich langes Land mit wenigen Leuten…zum Touren nicht so optimal! Haha!! Dieses Jahr gibt es in Deutschland „nur noch“ Festival Shows, aber für nächstes Jahr ist eine weitere Tour geplant, die uns auch wieder häufig nach Deutschland führen wird… Näheres dazu hoffentlich bald!
Deutschland ist für uns auf jeden Fall das Nummer Eins – Land, aber eine kleine Warnung: Die USA holt ordentlich auf und sitzt euch im Nacken! Hahaha! Unsere letztjährige Tour dort hat uns umgehauen!
Das Neue Album „Kingmaker“
Tobi: Lass uns mal über euer neues Album „Kingmaker“ sprechen. Ich selber bin sehr begeistert, viele Reviews in deutschen Magazinen wie Rock Hard, Metal Hammer, metal.de oder powermetal.de sehen das genauso. Wie sieht es in eurem Heimatland aus? Wie ist das Album dort aufgenommen worden?
Henrik: Ehrlich gesagt, wissen wir das gar nicht so genau… Im Sweden Rock – Magazin gab´s eine 7 von 10. Dazu muss man aber wissen, dass das Magazin so gut wie nie eine 8 von 10 oder höher vergibt! Hahaha! Wir haben aber auf jeden Fall den Eindruck, dass das Album bisher von allen unseren Alben am besten aufgenommen wurde.
Das Problem ist: Schweden ist halt Schweden! Wenn du hier nicht 1982 ein heißes Underground-Demo veröffentlich hast, dass seinerzeit 10 Leute geil fanden, bist du halt nicht cool! Aber wir als Screamer wollen auch gar nicht cool sein, sondern unseren Heavy Metal spielen, dass ist uns wichtig. Ich werde langsam alt und habe gar keinen Bock Mitglied einer trendy Band zu sein! Hahaha!
Uns gibt´s seit 2009, wie viele gehypte Bands haben wir seitdem schon kommen und gehen sehen? Eine ganze Menge! Wir machen unser Ding, die Deutschen zum Beispiel akzeptieren und feiern das. In Schweden ist es halt schwieriger, wenn du kein 80er-Demo hast, wenn du nicht mit den richtigen Leuten Drogen genommen hast oder irgendwem in den Arsch gekrochen bist, dann bist du halt nicht cool… was solls!
Wir feiern mit 50 Leuten genauso wie heute mit vielleicht 4.000 Leuten. Wichtig ist, dass wir vor, während und nach der Show eine gute Zeit haben… und das haben wir seit vielen Jahren! Screamer bleiben weg von der „Cool-Blase“ und lassen sich dahin tragen, wo immer der Wind uns hinträgt!
Tobi: Sehr gut! Wann habt ihr eigentlich euer neues Album erarbeitet? War das eher vor, während oder erst nach Corona?
Henrik: In 2019 haben wir Live Material aufgenommen, ohne zu wissen, dass es erstmal unsere letzte Tour für eine lange Zeit sein sollte. Das Material haben wir dann im Herbst 2020 bearbeitet im Januar 2021 veröffentlicht („Live Sacrifice“). Danach ging es los, dass wir uns wieder öfter zum Jammen getroffen haben und im April 2021 stand dann mit „Kingmaker“ unser erster neuer Song. Dann hatten wir noch Teile von „Sounds of the Night“ und „Common Man“ zusammen, sowie die eine oder andere kleine Idee. Damit ging es dann zur Pre-Production nach Götheburg. „Kingmaker“ war das Herzstück unserer Ideen, dass es dann am Ende 10 Songs wurden, war zunächst nicht so geplant.
Anton Fingal verlässt die Band
Henrik: Und dann, zwei Wochen nach der Pre-Production, kam es hart: Anton verkündete, die Band zu verlassen. Das war richtig schlimm, ich hab echt geweint. Anton und ich haben die Band gegründet, und nun sollte es ohne ihn weitergehen?
Ein paar Wochen später haben wir dann Jonathan (Morheim) über einen gemeinsamen Bekannten kennengelernt und Ihn gefragt, ob er Lust hat, ein wenig zu jammen. Wir haben dann schnell gemerkt, dass die Chemie stimmt und er war dabei! Wir hatten 12 Songs für das neue Album zusammen, wussten aber nicht so richtig, wie wir sie vervollständigen sollten. Das frustrierte uns und wir sagten zu Jonathan: Hey, hast du irgendeine gute Idee, wie wir hier die Kurve kriegen können? Und was soll ich sagen: wir haben zusammen mit ihm die Kurve gekriegt! Jonathan war direkt ein wichtiger Faktor für unser neues Album mit dem wir sehr glücklich sind.
Das Artwork des neuen Albums
Tobi: Das Artwork eures neuen Albums gefällt mir sehr gut, so eine Art Dark Comic Style – Da hat David Paul Seymour ganze Arbeit geleistet. Wie kam die Zusammenarbeit zustande und wie lief die Erarbeitung des Artworks ab?
Henrik: Auf unseren ersten vier Alben hatten wir einen anderen Designer. Er hat gute Arbeit geleistet, es war eine klare Handschrift zu erkennen. Als er uns die Entwürfe für „Highway of Heroes“ sendete dachte ich ok, das sieht irgendwie cool aus, aber erinnert mich eher an das Cover einer Cross-Punk-Grindcore Band! Es ist sehr stylish, aber irgendwie unpersönlich gewesen. Daher wollten wir ab „Live Sacrifice“ was Anderes ausprobieren.
Das wiederholende Motiv unserer Cover ist der Dämonenreiter, ein Abtrünniger, ein Outlaw. Auf den ersten Alben kam das noch nicht so eindeutig durch, doch seit „Highway of Heroes“ ist das, das wiederkehrende Motiv. Das ist sozusagen unser Bandmaskottchen geworden. Er war somit auch für das neue Album gesetzt. Einige unserer Songs, auch vom neuen Album, handeln genau von diesem Dämonenreiter. „Renegade“, der letzte Song vom neuen Album ist so einer zum Beispiel.
Andreas, der alle Lyrics zu unseren Songs beisteuert, ist ein Science-Fiction-Fantasy Nerd. Er hat eine Stephen King „The Dark Tower“ – Welt im Kopf, in der Magie und Technologie vereint sind. Der Dämonenreiter entspringt dieser Fiktion. Wir wollten also unseren Dämonenreiter aufs Cover, wie er die Krone des gefallenen Königs übernimmt. Den Rest hat David Paul Seymour erarbeitet. „Rise above“, „Kingmaker“, „The Traveller“ und „Sons of the Night“…alles Songs die sich um diese Figur ranken. Man kann fast von eime Konzeptalbum sprechen! Hahaha!
Der Moshpit Passion – Fivepit mit Screamer
Tobi: Traditionell schließen wir das Interview mit dem Moshpit Passion Fivepit, fünf kurze Fragen, fünf kurze Antworten. Los gehts:
1. Welches Album rotiert bei Dir gerade bevorzugt auf dem Plattenteller?
Henrik: Ganz klar: Unto Others mit „Strength“ ! Auch der ältere Kram von Idle Hands ist fantastisch!
Tobi: 2. Was war dein letztes Konzert als Gast?
Henrik: Bullet in meiner Heimatstadt Alvista! Bulllet kommen auch da her. Wobei eigentlich wohne ich gar nicht in Alvista sondern 15 Minuten raus, auf dem platten Land. Ich habe also keine Nachbarn! Hahaha!
Tobi: Das kann von Vorteil sein, wenn man seine Ruhe haben will!
Henrik: Das stimmt, wobei ich direkt neben einem landwirtschaftlichen Betrieb wohne und der verdammte Landwirt treibt ständig seine Kühe in die direkte Nähe meines Wohnhauses… so ruhig ist es da also gar nicht!
Tobi: 3. Dein Lieblingsbier?
Henrik: Deutsches Pils-Bier natürlich! Ich habe keine genaue Marke, trinke mich so durch, je nachdem wo wir gerade sind.
Tobi: 4. Was ist Deine favorisierte Konzertlocation (als Band)?
Henrik: Auf jeden Fall das Bambi Galore in Hamburg! Es ist zu laut, irgendwie angsteinflößend aber geil da zu spielen! Haha!
Tobi: 5. Bezugnehmend auf den Namen unseres Fanzines: Hast du eine Story aus dem Moshpit für mich? Aktiv oder Passiv?
Henrik: Aus dem Moshpit kann ich dir nichts erzählen, aber wie wärs mit einer Story aus einer Wall of Death? In 2008 hatten Dejan (Rosic) und ich ein ziemlich schräges Erlebnis. Wir kannten uns schon vor der Gründung von Screamer und waren 2008 zusammen beim Wacken Open Air. Dort haben wir zufällig einen völlig durchgeknallten Typen aus Montreal kennengelernt, der heute mein bester Freund ist: Michael! Ein Jahr später spielten wir mit Screamer auf seinem Festival: Dipple O – Fest in Montreal. Es hatte so ein landwirtschaftliches Grundthema und deshalb lag da überall Stroh rum! Als wir dann auf der Bühne standen trauten wir unseren Augen kaum: während unseres Gigs bildeten sich Walls of Death und die Leute haben sich zusätzlich noch mit Heu und Heuballen beschmissen… das war wirklich vollkommen verrückt und absolut unterwartet!
Tobi: Haha, das klingt großartig! Henrik, vielen Dank für Deine Zeit und die ausgiebigen Infos. Ich wünsche euch nur das Beste und freu mich schon darauf, euch bald wieder auf der Bühne zu sehen!
Henrik: Vielen Dank! Es war mir eine Freude! Cheers!
Mehr Infos
Band-Homepage: Screamer
Bleibt auf dem Laufenden mit mehr Informationen mitten aus dem Moshpit auf diesen Kanälen: