Kvelertak – „Endling“ (VÖ: 08.09.2023)
Kvelertak ist zweifelsohne eine der einzigartigsten Bands, die die Rock- und Metalwelt in den letzten 15 Jahren hervorgebracht hat. Konnte man die Truppe anfangs noch halbwegs akkurat irgendwo zwischen Black’n’Roll und Scandi-Punk verorten, hat sich über die Jahre viel getan. Mittlerweile dominiert vor allem der melodische, trotzdem wilde und rotzige Hard Rock. Der Punk ist immer noch allgegenwärtig, in metallische Gefilde dringt das Sextett aber nur noch gelegentlich vor. Wenn es ab in den Metal geht, dann aber auch immer mit dem richtigen Punch.
Auch im Vergleich zum Vorgänger „Splid“ wurde der Metal-Anteil noch ein merkbares Stück zurückgefahren. Das war vor drei Jahren das erste Album mit Sänger Ivar Nikolaisen, der als Schreihals nicht ganz an die unbändige Wucht seines Vorgängers herankommen mag und eher dem Punk als dem Black Metal entstammt, die Band aber auch mit einer weitaus größeren stimmlichen Vielfalt bereichern konnte. Auch Schlagzeuger Håvard Takle Ohr war auf „Splid“ neu mit von der Partie, womit „Endling“ das zweite Album der aktuellen Besetzung darstellt. Diese erweist sich als routinierte wie spielfreudige gut geölte Maschine, die einfach ordentlich drauflosrocken will.
Mit melodischem Rock’n’Roll geradeaus
Wo der Vorgänger vor allem in der bärenstarken zweiten Hälfte eine ungeheure Experimentierfreude versprühte, kommen die Songs auf „Endling“ – zumindest für Kvelertak-Verhältnisse – weitgehend etwas „gewöhnlicher“ und geradliniger daher. So gerät die neue Platte zwar nicht so extrem abwechslungsreich wie ihr Vorgänger, im Vergleich zu den meisten anderen Bands da draußen präsentieren Kvelertak hier aber trotzdem ein höchst dynamisches Album, das nie auf der Stelle steht und auf unterschiedliche, nie eindimensionale Songs mit eigener Identität setzt.
Mit „Krøterveg Te Helvete“ wecken sie erstmal Erinnerungen an „Åpenbaring“ und nehmen sich eine ganze Menge Zeit für ein ausuferndes Build-Up, welches nach 3 ½ Minuten etwas antiklimaktisch aufgelöst wird und genauso gut auch ein einzelner Intro-Track hätte sein können. Aber sei es drum. Geht der Song dann tatsächlich los, bekommt man einen punkig geradeauspreschenden Rocker mit Ohrwurm-Refrain und 100% typischen Kvelertak-Melodien geboten. Einen kurzen Metal-Einschub aus dem Nichts lässt man sich auch nicht nehmen.
Der Black Metal ist nicht ganz weg
„Fedrekult“ kommt eine ganze Ecke düsterer daher und lässt die Black-Metal-Wurzeln der Band etwas mehr durchkommen, wobei auch ein paar Blast-Beats eingestreut werden. Auch wegen des raueren Gesangs könnte die Nummer locker auf eines der frühen Alben passen. „Likvoke“ ist ein höchst dynamischer Knallersong mit eingängigen Hammerriffs, finsteren Strophen und einem catchy Chor-Refrain. Ganz so schnell geht „Døgeniktens Kvad“ dagegen nicht ins Ohr. Black Metal pur und dann… ein schiefes Banjo? Im Verlauf fügt sich alles aber zu einem stimmigen Ganzen zusammen und der Song entwickelt einen großartigen Drive.
Der Titeltrack lässt den Metal wieder außen vor und ist ein hochmelodischer Classic Rock/Punk-Knaller mit einer Menge Hitpotenzial. Ivar verzichtet hier ganz auf seine Screams, was der Nummer nichts an Rotzigkeit fehlen lässt und sich zunächst auch im folgenden „Skoggangr“ fortsetzt. Ebenso melodisch, aber mit seiner überbordend fröhlichen Grundstimmung und seinem etwas erschlagenen Gröhl-Refrain ein Song, der ein bisschen zum Zünden gebraucht hat, für mich aber mittlerweile zu den ganz Großen der Scheibe zählt. „Morild“ trumpft als großer Abschluss des Albums nochmal mit ganz toller Gitarrenarbeit auf, vereint alles wofür die Band im Jahr 2023 steht und lässt mit seinem super dynamischen Songwriting 7:43 Minuten im Flug vergehen.
Fazit
„Endling“ ist das Sommeralbum des Herbstes. Melodisch, eingängig, verspielt, mal melancholisch, mal spaßig oder einfach beides gleichzeitig. Der Weg des Vorgängeralbums wird weiter gegangen, allerdings mit weniger ausartenden Experimenten, was einerseits bedauerlich ist, aber auch für jede Menge griffige, direkt ins Ohr gehende Songs sorgt, die mit einer erfrischenden Leichtigkeit daherkommen. Dass die Band nicht mehr so anarchisch schwarzmetallisch ist wie noch auf dem überragenden selbstbetitelten Debutalbum ist verzeihlich, da sie schlicht und einfach wahnsinnig gute, kreative Songwriter sind und wenig falsch machen können. Dass ich „Endling“ nicht unbedingt zu den stärksten Alben der Band zählen würde, zeigt nur was für einen Lauf höchster Qualität sie bisher hingelegt hat. Denn das Album ist über alle Maße hörenswert und steckt voller schöner Melodien, kreativer Einfälle und macht mächtig Stimmung. Es wird noch spannend sein, wohin die Reise noch gehen wird.
Cover & Tracklist
02 Fedrekult
03 Likvoke
04 Motsols
05 Døgeniktens Kvad
06 Endling
07 Skoggangr
08 Paranoia 297
09 Svart September
10 Morild
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Bildnachweis: Rise Records/Petroleum Records.
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