Rage – „Wings of Rage“ (VÖ: 10.01.2020)
Bei Rage weiß man, was einen erwartet. Oder etwa doch nicht? Was bietet uns „Wings of Rage“?
Eine Band, die öfter mal die komplette Besetzung gewechselt hat (während die Line-ups zugegebenermaßen recht langlebig waren) und mit Peter „Peavy“ Wagner die einzige Konstante stellt.
So kam es auch 2015 zu einem Wechsel an Gitarre und Schlagzeug. Marcos Rodriguez und Vassilios Maniatopoulos heißen die (mittlerweile nicht mehr ganz so neuen) Sidekicks von Peavy. In dieser klassischen Dreierbesetzung serviert uns die Band aus Herne bereits ihren dritten Longplayer.
„The Devil Strikes Again“ von 2016 war das erste Lebenszeichen dieser Besetzung und es war kaum verwunderlich, dass man sich nach dem Ausstieg von Gitarrenwizard Viktor Smolski wieder etwas auf seine Ursprünge besann. „Seasons of the Black“ von 2017 festigte diese Entwicklung und so durfte man auf die Ausrichtung von „Wings of Rage“ durchaus gespannt sein.
„Wings of Rage“ – Ein Schritt zurück und zwei nach vorn
Das Album startet mit „True“ und unmittelbar sticht der basische Sound und Songaufbau heraus. Das klingt doch wirklich sehr Old School und lässt mich direkt an die Frühneunziger Phase von Rage denken. Diese Marschrichtung zieht sich durch die ersten vier Songs. Mit dem genialen Titeltrack folgt allerdings ein kleiner Bruch und die Brücke zur Phase ab „Black in Mind“ wird errichtet. Von hier an geht es dann Song für Song in Richtung Endneunziger. Besonders „A Nameless Grave“, sowie die geile Ballade „Shine A Light“ könnten aufgrund ihrer Orchesteruntermalung auch locker auf dem 1998er Erfolgsalbum „XIII“ stehen.
Böse Zeitgenossen werden Rage eventuell Kalkül vorwerfen. Das jedoch liegt mir völlig fern, da die Qualität von „Wings of Rage“ ganz einfach viel zu hoch ist, um ein Abklatsch ihrer Erfolgsalben der Neunziger zu sein. Ich möchte sogar so weit gehen und es als das beste Album seit dem erwähnten „XIII“ bezeichnen. Die Anlaufzeit mit zwei sehr guten Vorgängern hat Früchte getragen. Rage präsentieren sich 2020 so kompakt, wie seit langem nicht mehr. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle auch einmal das großartige Gitarrenspiel von Marcos Rodriguez. In Bands mit einem Gitarristen reicht es in der Regel nicht, seine Fähigkeiten auf Powerchords zu beschränken. Nicht nur einmal erinnert mich seine Art zu spielen an den früheren Rage Gitarristen Manni Schmidt. Und das bitte ich als Kompliment zu interpretieren.
Was noch?
Ich hätte es nicht mehr für möglich gehalten, dass mich Rage noch einmal so begeistern würden, wie sie es Mitte bis Ende der Neunziger Jahre getan haben. So sehr ich Viktor Smolski als Musiker schätze, musikalisch haben mir Rage zu seiner Zeit nie so richtig gefallen. Die Verkopftheit in den Kompositionen war für mich nicht stimmig. Umso mehr freue ich mich, die Band wieder in ihrer starken Form zu hören und das ist straighter Metal mit tollen Riffs und Hooklines. Ob es eine Neuaufnahme des Bandklassikers „Higher than the Sky“ gebraucht hätte, lass ich mal im Raum stehen. Das Original ist für mich perfekt. Das schmälert aber zu keiner Sekunde den sehr guten Gesamteindruck.
Da auch die Produktion und das Artwork absolut stimmig sind, gibt es ein klare Empfehlung meinerseits.
Cover und Tracklist
1. True
2. Let Them Rest in Peace
3. Chasing The Twilight Zone
4. Tomorrow
5. Wings Of Rage
6. Shadow Over Deadland (The Twilight Transition)
7. A Nameless Grave
8. Don`t Let Me Down
9. Shine A Light
10. HTTS 2.0 (Higher than the Sky)
11. Blame It On The Truth
12. For Those Who Wish To Die
Homepage: https://www.rage-official.com/
Facebook: https://de-de.facebook.com/RageOfficialBand/
Bildnachweis: Steamhammer/SPV, Jörg Tochtenhagen.