Testament – Interview mit Eric Peterson und Chris Dovas auf dem W:O:A 2024
Testament sind eine der größten und prägendsten Bands des Thrash Metals und sind live auf der Bühne immer noch eine echte Macht. Auf ihrer aktuellen Tour spielen sie ausschließlich Songs ihrer beiden unantastbaren Klassikerscheiben „The Legacy“ und „The New Order“, so auch auf dem Wacken Open Air 2024. Nach einer Wahnsinnsshow voller unsterblicher Thrash-Hymnen, habe ich die Möglichkeit, Gitarrist und Hauptsongwriter Eric Peterson zu sprechen. Und er hat Begleitung: Neu-Schlagzeuger Chris Dovas.
Es geht um alte Klassiker, neue Musik, das Drama mit Dave Lombardo und um Moshpits, die so riesig sind, dass sie zu Rennstrecken werden.
Hi Eric, hi Chris, wie geht’s Euch?
Eric: Sehr gut, wir hatten eine großartige Show heute. Unser letzter Wacken-Auftritt ist lange her und es hat großen Spaß gemacht, die ersten zwei Alben zu spielen.
Und es hat auf jeden Fall großen Spaß gemacht, zuzuschauen!
Eric: Es ist echt cool diese Songs wieder zu spielen. Einige von ihnen spielen wir sonst auch, aber alle nacheinander und ohne neueres Zeug oder Songs von der „Practice What You Preach“ dazwischen, das ist wirklich cool.
Was glaubt Ihr, macht diese ersten zwei Alben auch heute noch so besonders und so gut?
Eric: Sie waren Teil der Blaupause für das gesamte Thrash-Metal-Genre. Wir haben diese Songs geschrieben als wir in unseren frühen Zwanzigern waren und da stecken jede Menge Emotionen drin und alle Stärken, die das Genre in seinen frühen Jahren ausgezeichnet haben.
Chris: Diese Shows sind echt cool für Fans, die mit diesen Alben aufgewachsen sind. Es ist sehr nostalgisch. Und ebenso für junge Fans, die es damals nicht miterleben konnten.
Eric: Die jüngere Generation kann so nachempfinden, wie es damals gewesen ist. Es sind einfach zwei sehr einzigartige Alben.
Kürzlich habt Ihr neu gemasterte Reissues beider Alben veröffentlicht. Gibt es weitere Alben, deren Sound Ihr gerne aufpolieren würdet?
Eric: Ja, wir haben die Rechte an all unseren alten Alben von Atlantic Records zurückbekommen und werden sie nach und nach wiederveröffentlichen. Als nächstes ist „Practice“ an der Reihe, leider können wir aus irgendwelchen Gründen die Masterbände für das Album nicht finden. Niemand weiß, wo sie abgeblieben sind. Aber wir haben die von „Souls of Black“ gefunden, weswegen wir das Album nicht nur neu mastern, sondern komplett neu mixen werden. Die beiden Alben werden wahrscheinlich nächstes Jahr zur gleichen Zeit rauskommen. Ich schätze aber nicht, dass wir „The Ritual“ und „Low“ remixen werden. Ich denke, die klingen immer noch ziemlich gut. „Souls of Black“ kann ein bisschen Aufpolierung aber gut gebrauchen, es ist ein merkwürdig klingendes Album.
Apropos „Low“: Ich möchte nicht, dass du dich alt fühlst, aber dieses Jahr wird das Album 30 Jahre alt…
Eric: Oh, scheiße!
Es kam zu einer Zeit, in der Metal und besonders Thrash Metal nicht mehr allzu beliebt waren und viele Veränderungen stattfanden. Was denkst du heute über diese Zeit und über dieses Album?
Eric: „Low“ kam raus, nachdem Alex (Skolnick; Lead-Gitarrist, Anm.d.A.) und Louie (Clemente; Schlagzeuger, Anm.d.A.) die Band verlassen hatten, es war also das Ende des Original-Line-ups. Das Label wollte, dass wir ein „Alternative“-Album schreiben. Daraufhin habe ich „Dog Faced Gods“ geschrieben und ich sagte dem Label „Hier, das ist Alternative. Es ist anders als das, was alle anderen machen“. Alle anderen zu der Zeit haben Open Chords gespielt und hatten simple Rock-Beats, Melodien, usw. „Dog Faced Gods“ dagegen war ein Schritt in Richtung Death Metal, was wir noch nie vorher gemacht haben. Vorher hatte Chuck (Billy; Sänger, Anm.d.A.) hier und da ein „ÜÜAAGH!!“ in tiefer, brutaler Stimme gebrüllt. Als ich den Song geschrieben habe, sagte ich ihm, er solle den gesamten Song so singen, woraufhin er nur meinte „Was?!“, haha.
Auf der „Demonic“ habt Ihr diesen Sound danach ja quasi auf die Spitze getrieben.
Eric: Das war unser 666-Special! Als wir das Album geschrieben haben, waren nur noch Chuck und ich übrig. Unser damaliger Bassist Greg Christian hat zu der Zeit einige Scheiße durchgemacht und wir hatten ein schwieriges Verhältnis, also haben Chuck und ich die Band verlassen.
Chris: Wow, echt?!
Eric: Ja, wir haben Testament verlassen. Also gründeten wir eine neue Band.
Chris: Wie hieß sie?
Eric: Wir wollten sie nennen…
Chris: Sie ist nie rausgekommen?
Eric: Nein, der Name sollte sein… „I.C.U.”! „Intensive Crushing Unit”.
Chris: Haha, das ist cool!
Eric: Die Mitglieder waren Chris Kontos, ein Freund von ihm, ich und Chuck. Wir haben uns ans Songwriting gemacht, dann fiel Chris weg und Gene (Hoglan; Schlagzeuger, Anm.d.A.) kam in die Band. Gene war bei der Ausrichtung voll dabei. In seinem Kopf war Testament nämlich sowas wie „Practice What You Preach“, Rock’n’Roll, usw. Das Label, bei dem wir zu der Zeit waren, Mayhem Records, meinte zu uns „Warum nennt Ihr es nicht einfach Testament?“ und wir sagten „Was? Das können wir nicht machen, das hier ist Death Metal!“, aber wir haben unsere Meinung dann doch geändert.
Das ist tatsächlich eines meiner Lieblingsalben. Viele hassen es und finden, es sei unser schlechtestes Album, aber andere lieben es.
„The Burning Times“ ist einer meiner liebsten Testament-Songs.
Eric: Oh ja, der ist echt heavy!
Wo wir schon bei „heavy“ sind, danach habt Ihr „The Gathering“ gemacht…
Eric: Yeeaaah!
Ich hatte mich riesig gefreut, als die Rückkehr von Dave Lombardo angekündigt wurde, da „The Gathering“ eines meiner Lieblingsalben ist. Aber das hat natürlich nicht allzu lange gehalten. Wie kam es also, Chris, dass du in die Band gekommen bist?
Eric: Bevor wir dazu kommen, lass mich deine Frage kurz zurückspulen. Bevor nämlich Dave überhaupt Thema war, war Chris bereits unser Kandidat für den Posten. Ich war bereit ihn anzurufen und ihm anzubieten bei uns einzusteigen, weil ich seine Videos so beeindruckend fand. Aber am Morgen hat mich Chuck angerufen und meinte „Hey, ich habe gerade mit Dave telefoniert, er will dabei sein!“. Ich fragte nur „Dave… Lombardo?“ – „Ja, ruf ihn an, er hat total Bock drauf!“, also habe ich das getan und dachte „Oh wow, okay!“. Ich rief Steve (DiGiorgio; Bassist, Anm.d.A.) an und er sagte nur „Oh nein!“ – „Wieso, was ist los?“ – „Erinnerst du dich nicht mehr?“, haha! Dave ist super, er hat eine Menge Groove, er hat nur immer lange gebraucht, die Songs zu lernen.
Jedenfalls, er hat eine Menge Projekte am laufen und unser Zeitplan wurde etwas zu voll für ihn. Er hatte das völlig unterschätzt. Dave konnte einen Teil einer Tour nicht spielen, also haben wir Chris gefragt, ob er einspringen könnte. Aber nun zu deiner Frage an Chris.
Chris: Eric und ich hatten uns in Boston, meiner Heimatstadt, getroffen, waren zusammen essen und haben abgehangen, usw. Diese Tour, bei der ich eingesprungen bin, das sollte eigentlich alles sein. Aber dann ist Dave immer öfter ausgefallen.
Eric: An dem Punkt dachten wir, vielleicht sollten wir lieber Chris behalten. Dave hatte zugestimmt, bei der anstehenden Südamerika-Tour dabei zu sein, aber musste dann doch plötzlich wieder abspringen, weil dieser und jener Gig für ihn dazwischenkam. Und wir meinten nur „Dude, du bist unser Drummer, bist du an Bord oder nicht?!“. Sowas wollten wir einfach nicht mehr, wir wollen einen Drummer! Das war genau der Grund, weswegen wir uns von Gene getrennt hatten. Gene hatte all diese Gigs, die dazwischenkamen. Deswegen wollten wir jemanden, der IN der Band ist.
Chris: Und jetzt sind wir beste Freunde!
Eric: Er ist mein Sohn.
Seit „Formation of Damnation“ habt Ihr alle vier Jahre ein neues Album veröffentlicht. „Titans of Creation“ ist tatsächlich bereits vier Jahre her…
Eric: Da spielt die ganze COVID-Sache sehr mit rein. Wir touren heutzutage weitaus mehr als damals und das dauert in der Regel um die zweieinhalb Jahre. Rückblickend hätte ich während des Lockdowns sicherlich mit dem Schreiben anfangen können, aber wir waren permanent am Warten, da es immer wieder hieß, dass touren bald wieder möglich sein könnte. Letztendlich ist aber nie etwas passiert. Und dann war eigentlich angedacht, dass ich das Album mit Dave Lombardo schreibe. Aber ich habe ewig auf ihn warten müssen. Er sagte „Lass uns nächsten Monat zum jammen treffen“, einen Monat später kam dann wieder etwas dazwischen und es ist nie dazu gekommen. Also haben Chris und ich wirklich drauf losgefeuert und das neue Zeug ist echt killer geworden. Und während wir das neue Album mixen, fangen wir bereits an, an dem nächsten zu arbeiten.
Chris: Wir verschwenden keine Zeit! Nächstes mal wird es keine vier Jahre dauern.
Es ist also fertig aufgenommen?
Eric: Ja, das Album ist fertig.
Chris: Ein paar Details fehlen noch.
Eric: Ein paar „UUGHs“ und „AAAAAARGHs“!
Chris: und „ÜÜAAAH“, sowas halt. Ich denke im nächsten Jahr werden wir am nächsten Album arbeiten. Wir lieben die Zusammenarbeit.
Eric: Wir haben alles in meinem Keller geschrieben. Wir haben da alles, was wir brauchen: Logic, MIDI-Drums, Kopfhörer, Wodka, …
Chris: Das Coole ist, dass wir auf das gleiche Zeug stehen. Wir beide lieben jede Menge Black Metal, Death Metal, Thrash Metal, alle möglichen Arten von Metal. Wir lieben Horrorfilme und schauen uns Sachen wie „Der Exorzist“ oder „Evil Dead“ zusammen an.
Eric: Wir haben den neuen „Exorzist“ geschaut und direkt danach meinte ich „Dude, ich hab ein neues Riff!“
Chris: Oft bleiben wir bis 3 Uhr nachts auf, stehen um 10 auf, trinken Kaffee und arbeiten den ganzen Tag durch. Wir haben echt eine Menge Spaß dabei.
Letzte Frage! Unser Magazin hört auf den Namen Moshpit Passion. Gibt es einen ganz besonderen Moshpit, der Euch im Kopf geblieben ist?
Eric: Tatsächlich heute, hier in Wacken! Die Person, die sich hier um unsere Geschäftsangelegenheiten kümmert, meinte, das war der größte Moshpit, den wir hier in Wacken je hatten. Es sah nicht mal wie ein Moshpit aus, sondern wie eine Rennstrecke. Die Leute haben gar nicht wirklich gemosht, sondern waren einfach am Rennen. Die hatten keine Ahnung, was sie da überhaupt tun, die sind sich einfach gegenseitig hinterhergerannt. Und in der Mitte hat ein Paar miteinander rumgemacht, hahaha!
Chris: So einen Moshpit habe ich echt noch nie gesehen.
Vielen, vielen Dank für Eure Zeit und für das nette Gespräch!
Chris: Ich danke dir!
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Bildnachweis: Stephanie Cabral, Mia Demonz.