Venues – „Solace“ (VÖ: 27.8.2021)
Deutschland hat, was das Genre des Metalcores angeht, schon eine lange Geschichte. Diese begann unter anderem mit den Ruhrpott-Bewohnern Caliban und den Thüringern Heaven Shall Burn in den Neunzigern. Bands wie Callejon, Neaera oder Any Given Day setzen die Geschichte fort. Seit 2015 ist auch die Stuttgarter Gruppierung Venues fleißig dabei, eine der großen Nummern hierzulande zu werden. Das Quintett, das mit „Aspire“ gerade mal ein Album veröffentlicht hat, war schon in der Lage, ganz Deutschland mit ihrer Musik zu beglücken. Nach der kritischen Zeit mehrerer Mitgliederwechsel und der Corona-Krise kommt mit „Solace“ der zweite Longplayer und gleichzeitige Trost für diesen anstrengenden Lebensabschnitt. Die größte Frage ist aber folgende: wie klingt nun das Zusammenspiel des neuen Line-Ups? Hier kommt die Antwort darauf:
Dunkler, härter, verspielter
Venues fahren schon in den ersten Liedern „Razorblade Teeth“, „Whydah Galley“ und „Rite of Passage“ die schweren Geschütze auf. Was bei „Aspire“ noch eher als Post-Hardcore bezeichnet werden konnte, geht hier schon stark in Richtung des modernen, populären Metals. Dennis Vanhöfen stampft, drescht und knallt wie verrückt auf sein Drumkit im Verlauf der zehn Lieder, die im Album enthalten sind. Die Gitarrenfraktion, die vom Neuzugang Valentin Hahnemann und dem Langzeitmitglied Constantin Ranis vertreten wird, begleitet das Geschehen mit knarrenden, tiefgestimmten Riffs und Breakdowns. Bass ist vorhanden. Screams werden von Robin Baumann beigesteuert, der noch wütender klingt als jemals zuvor. Seine vorher vom Hardcore beeinflussten Shouts digitierten sich zu voluminösen, fast growl-haften Brüllattacken, die dem Herrn ausgesprochen gut stehen.
Ganz besonders interessant ist es jetzt aber, wie der neue Klargesang zum Gesamtmix passt. Dieser wird auf diesem Album von Daniela Gruber beigesteuert, die die ehemalige Sängerin Nyves Krithinidou ersetzt. Hier kann man nur sagen, dass mit „Lela“ der schon fast mehr als perfekte Ersatz gefunden worden ist. Ihre Stimme hat Kraft und ihre Stimmlage erreicht Höhen und Tiefen mit Leichtigkeit. Was noch wichtiger ist, sind die Melodien, die gesungen werden. Obwohl die Grundstimmung des Albums relativ dunkel gehalten wird, wirkt der klare Gesang nie fehl am Platz. Es ergänzt das Klangspektrum und sorgt für ein paar der einprägsamsten Momente des Albums. So bleibt der Refrain von „Into the Fire“ oder „Down Below“ sofort im Kopf hängen. Ebenfalls wunderbar ist es, dass der klare Gesang in Liedern wie der Halbballade „Uncaged Birds“ oder der Pop-Punknummer „Our Destiny“ im zentralen Fokus liegt.
Geht es noch besser?
Bei all den positiven Aspekten fragt man sich sicherlich, ob das alles noch getoppt werden kann. Wenn man sich noch die gesamten Details des Songwritings anschaut, dann kann man noch einige spannende Aspekte entdecken. Ein Beispiel davon wären die fennoskandinavischen Einflüsse, die im gesamten Album verbreitet sind. Constantin Ranis, der auch als einer der Hauptkomponisten fungiert, zeigt sehr viel Freude an verschiedenen Gitarren-Spielereien. Duale Gitarrenharmonien erinnern den Zuhörer sofort an den schwedischen Melodic Death Metal-Urgestein In Flames. Sehr viele Leadgitarren zeigen außerdem den Einfluss, den die finnischen Melodic Metal-Musiker Amorphis auf ihn hatten. Am Anfang des Milleniums hörte man solche Elemente des Öfteren. Diese starben dann mit dem neuen Jahrzehnt fast aus, weshalb es hier sehr erfrischend wirkt.
Zugänglichkeit und Einprägsamkeit treffen auf mehreren Komponenten der modernen Metal-Spielvarianten. Fans vom melodischen Metalcore und eingängigen Hooks finden schnell Gefallen an diesem Album. „Solace“ ist somit das Produkt, das beweist, dass sich selbst in den dunkelsten Zeiten alles lohnt, wenn man fest daran glaubt. Die Stuttgarter können selbst in der neuen Besetzung beweisen, wie sehr sie zu einer Einheit geworden sind. Diese zehn Lieder repräsentieren die fünf Mitglieder von Venues von ihren bislang stärksten Seiten. Die Spannung auf den zukünftigen Werdegang der Band steigt somit immens.
Trackliste
01. Razorblade Teeth
02. Whydah Galley
03. Rite of Passage
04. Uncaged Birds
05. Into the Fire
06. Down Below
07. Shifting Colors
08. Our Destiny
09. Deceptive Faces
10. Mountains
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Bildnachweis: Arising Empire.