Sanguisugabogg – „Hideous Aftermath“ (VÖ: 10.10.2025)
Ich kann nicht behaupten mit den größten Erwartungen und Ansprüchen an das neue Sanguisugabogg-Album herangegangen zu sein. Viel mehr als spaßiges, irre stumpfsinniges Höhlenmenschen-Gekloppe mit äußerst kreativem, herausstechenden Drumming hab ich mir von den Kiffköppen aus Ohio gar nicht versprochen. „Hideous Aftermath“ macht aber bereits schnell klar, dass man sich im Hause Bogg wirklich weiterentwickelt hat. Drummer Cody Davidson bleibt zwar weiterhin der Star der Band, in Sachen Riffs, Vocals und Songdynamiken hat man aber einige Schippen draufgelegt und die machen sich bemerkbar.
Setzte man im bisherigen Schaffen zum allergrößten Teil auf groove-betontes, stumpfestes, tiefes Chugging, gibt es nun weitaus mehr Vielfalt an den Klampfen und man hat haufenweise starker Riffs im Gepäck. Natürlich weiterhin auf größtmöglichen Krawall getrimmt, weiß man die Songs aber spannender und dynamischer zu gestalten, wodurch sich das Album weitaus besser über seine – für Genre-Verhältnisse – etwas längere Laufzeit trägt.
Weiterentwicklung ohne Kompromisse
Bereits „Rotted Entanglement“ macht schnell klar, dass man die eigenen musikalischen Ansprüche ein ganzes Stück angehoben hat. Die Brutalität ist nach wie vor auf Anschlag, die heftigen, groovenden Chug-Attacken stellen aber nicht mehr den alleinigen Fokus dar, was sie nur noch wuchtiger erscheinen lässt. Beschränkte man sich an den Gitarren zuvor zum größten Teil auf die ersten paar Bünde der bis in den Keller gestimmten E-Saite, ist Sanguisugabogg anno 2025 zwar sicherlich kein Tech-Death, aber deutlich versierter als zuvor. Neben dem Brutal-Death-Krawall machen sich auch Anleihen etwa in Richtung Incantation oder Cannibal Corpse bemerkbar und auch dissonant angehauchten Spielereien finden ihren Weg in die Songs. So etwas wie Gitarrensoli braucht man jedoch nach wie vor nicht erwarten. Dass die tendenziell mitunter recht langen Songs aber auch ohne perfekt auskommen und sie wie im Flug vergehen, ohne zu sehr auf der Stelle zu treten, zeugt von einem guten Gespür für dynamisches Songwriting.
Ganz aus der Rolle fällt „Repulsive Demise“, das mit elektronischer Perkussion, Samples und wabernden Vocal-Effekten experimentiert. Das Industrial-Gewand funktioniert erstaunlich gut und auch ohne Davidsons höllisch prägnantes Drumming kann ein Sanguisugabogg-Song einiges hermachen. In den restlichen Songs bleibt er das dominierende, treibende Element und es macht große Freude seinem kreativen, groovenden Spiel zuzuhören.
„Hideous Aftermath“ hat einige Gastsänger in petto, die die Songs sehr cool ergänzen, wie etwa Nails-Schreihals Todd Jones in „Ritual of Autophagia“. Der größte eigene Stempel wird aber von Extreme-Vocal-Maestro Travis Ryan (Cattle Decapitation) aufgedrückt, der „Semi Automatic Facial Reconstruction“ mit seinen abartigen Stimmbandeskapaden… äh… veredelt?
Das abschließende „Paid in Flesh“ ist geschlagene 7:50 Minuten lang. Als ich die Tracklist das erste Mal sah, dachte ich, das könne nur in die Hose gehen, aber falsch gedacht. Die Nummer kann einiges und entpuppt sich als echt fieses, atmosphärisches Brett, das nochmal ganz neue Seiten aufschlägt, die man so sicherlich nicht erwartet hat.
Fazit
Auch einige Wochen nach dem sehr positiven, überraschenden Ersteindruck, besteht „Hideous Aftermath“ für mich als durchgehend wirklich starkes Death-Metal-Album und als eines der Genre-Highlights des Jahres. Vocal-Style, Snare-Sound und den vorherrschenden brachialen Stumpfsinn muss man natürlich mögen. Wem die Band bisher aber zu blöd und einfältig war, sollte mal ein Ohr riskieren.
Cody Davidson ist ein Wahnsinnsdrummer mit irre viel Groove und Brutalität. Der Drumsound hat dabei die richtige Balance aus Wucht und Authentizität und das Album ballert erschlagend massiv aus den Boxen. Kurt Ballou (Converge) hat hinter den Reglern wieder gewaltig abgeliefert, was man nun aber immerhin auch von der gesamten Band behaupten kann. „Hideous Aftermath“ ist das mit Abstand beste Album der Band und erstmals mehr als nur ganz nettes dämliches Geholze von einer Band mit witzigem Namen und Logo und überqualifiziertem Schlagzeuger.
Cover & Tracklist
01 Rotted Entaglement (05:37)
02 Felony Abuse of a Corpse (05:23)
03 Ritual Autophagia (04:48)
04 Heinous Testimony (03:20)
05 Abhorrent Contraception (05:30)
06 Repulsive Demise (04:02)
07 Erotic Beheading (02:52)
08 Sanctified Defilement (03:32)
09 Semi Automatic Facial Reconstruction (04:33)
10 Paid in Flesh (07:50)
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Bildnachweis: Century Media.
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