Wacken Open Air 2024 Tag 2 (01.08.2024)
Am Donnerstag geht es mit Wacken erst so richtig los und es häufen sich die Hochkaräter. Und das in allen erdenklichen Genres. Nicht nur im Metal; selbst Alternative Rap in Form von Alligatoah steht an. Die völlig überzogene Empörung und Aufregung darüber, die ich aus vielen Ecken mitbekommen habe, fand ich schon äußerst amüsant. Dass der unverschämt talentierte Tausendsassa (zurecht) die Massen vor die Louder-Stage ziehen konnte, gibt dem Festival in seiner breitgefächerten Ausrichtung und seinem Mut für Experimente aber nur recht. Ob dadurch jetzt wirklich Wacken und der Metal an sich gestorben ist? Zweifelhaft. Aber nun zu den Bands, die ich mir zu Gemüte geführt habe.
Armored Saint
Klassischer US-Heavy-Metal um Ausnahmesänger John Bush. Dass der charismatische Frontmann, der auch viele Jahre bei Anthrax tätig war, immer noch gut bei Stimme ist (wie auch zuletzt auf dem Debut der Supergroup Category 7 zu hören), das war mir klar. WIE gut er die alten Nummern aber immer noch rüberbringt und dabei keine Höhen auslässt, das hat mich dann doch überrascht und regelrecht umgehauen. Der Mann hat in 40 Jahren keinerlei Stimmen-Power eingebüßt. Klassiker wie „Can U Deliver“, „March of the Saint“ und der ruhigere Gänsehaut-Garant „Last Train Home“ dürfen natürlich nicht fehlen und haben nichts von ihrer Strahlkraft und Energie verloren. Ich entschuldige mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Leuten, die neben mir standen und mein schreckliches Mitsingen mit viel zu angeschlagener Stimme ertragen mussten (aber wie kann man beim Refrain von „Last Train Home“ bitte widerstehen?).
Auch wenn ich persönlich mir noch mehr Songs des Knalleralbums „Symbol of Salvation“ gewünscht hätte, machen dafür auch die neueren Stücke live eine sehr gute Figur.
Messiah
Danach hat es mich erstmal für einige Stunden zur Headbangers– und W:E:T-Stage verschlagen, wo vor allem die härteren Gangarten vorherrschen und die am Donnerstag eine Knüllerband nach der anderen zu bieten hatten. Nachdem ich noch ein bisschen von den Death-Metallern Skeletal Remains mitbekommen habe, ging es weiter mit der seit einigen Jahren wieder aktiven Schweizer Kultband Messiah. Als eine der frühen Extreme-Metal-Bands präsentieren sie Death- und Thrash Metal der alten Schule. Mit dabei natürlich Songs wie „Space Invaders“, „Messiah“ und das kultige „Extreme Cold Weather“.
Als wahrlich rührenden Abschluss machte ein Fan seiner taubstummen Freundin auf der Bühne einen Heiratsantrag in Gebärdensprache. Solche Momente kann Wacken eben auch.
Uada
Atmosphärisch und schwarzmetallisch wird es anschließend mit Uada. Es hat schon seine Gründe, dass dieses Bandlogo auffällig viele Kutten zu zieren scheint. Zwar habe ich den Auftritt die meiste Zeit eher sitzend aus der Ferne verfolgt, die Stimmung und der musikalische Anspruch kommen aber auch in den hintersten Reihen an. Nicht nur das Auftreten in komplett vermummten schwarzen Outfits erinnert stark an Mgła, auch musikalisch zeigen sich durchaus Parallelen zu den Polen, allerdings mit einer gehörigen Portion Melodie und Rock obendrauf, mit der sich die Amis ordentlich abheben lassen.
Incantation
Egal ob vor 20, 100 oder mehreren tausend Leuten; Incantation sind live immer eine absolute Macht. Die Truppe um Frontmann John McEntee steht für finsteren, zwischen schleppendem Doom und Blast-Beat-Raserei pendelnden Death Metal mit den bösartigsten und widerlichsten Riffs, die man sich nur vorstellen kann. Die Stücke ihres aktuellen Albums „Unholy Deification“ fügen sich da nahtlos ein und bestehen live problemlos neben Krachern wie „Blasphemous Cremation“ oder „The Ibex Moon“. Der Stil der Band ist oft kopiert und große Teile der heutigen Death-Metal-Szene gehen soundtechnisch auf Incantation zurück. Das Original zeigt den Jungen aber auch heute noch wie es richtig geht und bringt diesen tonnenschweren, diabolischen Sound in Perfektion auf die Bühne.
Opeth
Im Vorfeld herrschte bei mir Kopfzerbrechen darüber, ob ich mir nun Opeth oder doch lieber die großen Headliner – die Scorpions – anschauen sollte. Letztendlich hat meine Vorfreude über die schwedischen Prog-Metal-Meister aber dann doch gesiegt. Im Nachhinein habe ich die ein oder anderen eher weniger begeisterten Reaktionen zum Auftritt von Klaus Meine und Co. mitbekommen, weswegen ich dann doch nicht mehr allzu traurig war, die „fucking Scorps“ – wie Mikael Åkerfeldt sie so schön nannte – nicht gesehen zu haben. Er jedenfalls hätte sich seine Helden wahnsinnig gerne angeschaut, wie er in seinen höchst unterhaltsamen Ansagen des Öfteren verlauten ließ.
Ein riesiger Grund sich stattdessen Opeth anzuschauen, war definitiv die Setlist, welche nämlich von den Fans gewählt wurde. Soll heißen: „Exclusively old shit“.
„Ghost of Perdition“, „Demon of the Fall“, „Heir Apparent“, das abschließende „Deliverance“… Wenig überraschend ein Monstersong nach dem anderen. Mittendrin mein persönliches Gänsehaut-Highlight: Die wunderschöne Ballade „In My Time of Need“. Zugegeben, egal welchen Song der „Damnation“-Scheibe sie gespielt hätten, es wäre so oder so mein Höhepunkt der Show gewesen. Das irre Finale von „Deliverance“ live zu erleben, ist da jedoch ganz dicht dran.
Der Sound fiel anfangs noch erschreckend matschig aus und bis der Mix passte und man überhaupt die Gitarren ordentlich raushören konnte, hat es ein wenig gedauert. Der Drum-Sound von Neuzugang Waltteri Väyrynen blieb jedoch durchgehend etwas gewöhnungsbedürftig. Besonders der sehr hochgestimmte, verhallte Snare-Sound wollte gefühlt nicht immer ganz ins klangliche Geschehen passen.
Alles in allem aber eine Wahnsinnsshow und neben Unto Others am nächsten Tag mein persönliches Highlight des Wacken Open Airs 2024.
Weitere Impressionen
Accept
Mr. BIG
KK’s Priest
Fazit von Tag 2
Opeth mit einem unschlagbaren Best-Of-Set. Mehr muss man zu diesem Tag wohl nicht sagen… Oder?
Sah das Programm am Mittwoch zumindest für meinen verdorbenen Geschmack noch etwas mau aus, gab es (ab) Donnerstag so einiges auf die Ohren. Vor allem die bereits angesprochene Vielfalt dabei kann sich wirklich sehen lassen und ich hatte mehrmals die Qual der Wahl zwischen mindestens zwei interessanten Acts. Die Hitze tat ihr Übriges, aber lieber so, als eine in Matsch getränkte Wiederholung vom letzten Jahr.
Mehr Infos
Bleibt auf dem Laufenden mit mehr Informationen mitten aus dem Moshpit auf diesen Kanälen:
Homepage – Facebook – Instagram – YouTube