Sodom – „40 Years At War – The Greatest Hell Of Sodom“ (VÖ: 28.10.2022)
Ihr 40-jähriges Jubiläum haben dieses Jahr bereits Destruction, Kreator und zuletzt Tankard mit einem neuen Album gefeiert. Nun ziehen auch Sodom nach, allerdings nicht mit brandneuem Material, sondern mit einem Rückblick auf ihr gesamtes bisheriges Schaffen. „40 Years At War – The Greatest Hell Of Sodom“ ist aber keine gewöhnliche, langweilige Best-Of-Scheibe. Stattdessen haben Tom Angelripper und Co. in chronologischer Reihenfolge einen Song aus jedem Sodom-Album neu aufgenommen.
Die Songauswahl ist dabei äußerst interessant ausgefallen und die Band ist keinesfalls auf Nummer Sicher gegangen. Mit wenigen Ausnahmen hat man sich nicht immer zwingend für die großen Hits der jeweiligen Alben entschieden, sondern auch mal weniger beachtete Perlen ausgegraben. Die Tracklist dürfte sicher für viel Diskussionsstoff sorgen. Bei einer Band mit so vielen Knallersongs in all ihren Schaffensphasen wären die Möglichkeiten endlos gewesen und sicherlich hätte jeder seine persönlichen Wunschkandidaten.
Alte Knaller in neuem Gewand
Alle Songs wurden sauber, originalgetreu runtergezockt, versehen mit einem dreckigen, old-schooligen Sound, für den sich Drummer Toni Merkel verantwortlich zeichnet, der die Platte aufgenommen, gemischt, gemastert und dabei einen tollen Job gemacht hat.
Egal ob die primitiven, schwarzmetallischen Anfänge, die Thrash-Großtaten Ende der 80er, die von Groove-, Punk– und Death-Metal-Einflüssen geprägten 90er, oder die gereiften, teils melodischen Outputs der letzten 20 Jahre: Die Band bringt jeden Song 100% authentisch rüber und man merkt, wie treu sich Sodom trotz aller musikalischen und personellen Wandlungen über die 40 Jahre stets geblieben sind.
Die musikalische Entwicklung lässt sich in den 17 Tracks in einer Stunde wunderbar nachvollziehen. Angefangen mit den stark von Venom und Motörhead geprägten „Sepulchral Voice“ und „After The Deluge“, die damals zum brutalsten (und sicherlich auch stümperhaftesten) gehören, was der Metal zu bieten hatte und auch heute noch Pate für etliche Blackened-Speed-Metal-Kombos stehen.
Lässt Fanherzen höher schlagen
Egal welche Songs es von den Klassikerscheiben „Persecution Mania“ und „Agent Orange“ aufs Album geschafft hätten, es wären so oder so echte Kracher. In beiden Fällen hat man sich für weniger beachtete und bisher kaum live gespielte Nummern entschieden. Sicher hätte man auch einfach Evergreens wie „Nuclear Winter“, „Remember The Fallen“, „Tired And Red“ oder „Ausgebombt“ nehmen können, aber auch die beiden gewählten Songs „Electrocution” und „Baptism Of Fire“ sind echte Thrash-Kracher. Lediglich der Refrain von „Baptism Of Fire“ hat durch die tieferen, krächzigen Vocals nicht mehr ganz den Punch des Originals inne. Der Song bleibt aber auch in dieser Version eine echte Wucht.
Auch „Better Off Dead“ und das oberbrutale „Body Parts“ sollten Fanherzen höherschlagen lassen. Danach jedoch landen wir in der für mich persönlich schwächsten Phase der Sodom-Diskographie. Das 1994er „Get What You Deserve“ und das ein Jahr später erschienene „Masquerade In Blood“ litten ihrer Zeit noch an einem extrem schrottigen Sound, der durch die Neuaufnahme natürlich behoben ist, mit der Songauswahl kann ich mich aber nicht ganz anfreunden. Besonders „Get What You Deserve“ hat mit dem Titeltrack und „Silent Is Consent“ weitaus stärkere Nummern als das platte „Jabba The Hut“. Immerhin das harte „Gathering Of Minds“ gehört zu den besseren Tracks der „Masquerade In Blood“-Scheibe, wobei ich an dessen Stelle lieber „Fields Of Honour“ oder den Titeltrack gehört hätte. Aber wie schon gesagt: Über die Tracklist lässt sich streiten.
Wenig Anlass dazu bieten das höllisch groovende „That’s What An Unknown Killer Diarized“ und das brutal metzelnde „Book Burning“. Das großartige „M-16“-Album hat einige offensichtliche Hits parat, denen man aber das weniger beachtete, aber nicht minder starke „Genocide“ vorgezogen hat.
Zwischen Melodie und Stumpfsinn
Weitaus weniger ausgefallen gerät die Songauswahl beim selbstbetitelten Album von 2006 mit dem melodischen Hit „City Of God“ und beim 2010er „In War And Pieces“ mit dem bärenstarken Titeltrack. Dazwischen hat aber auch mit „Ashes To Ashes“ das von Fans gespalten aufgenommene „The Final Sign Of Evil“ von 2007 platzgefunden, welches seinerzeit mit dem „In The Sign Of Evil“-Line-Up aufgenommen wurde und neben den Tracks der Kult-EP auch einige weitere unveröffentlichte Tracks aus dieser Ära in neu eingespielter Form beinhaltete. Wobei man statt „eingespielt“ vielleicht lieber „schäbig eingetrümmert“ sagen sollte, was auch den Reiz dieser Platte ausmachte. Gut produziert und tight gespielt geht „Ashes To Ashes“ aber sehr viel räudiger Charme verloren und die Nummer offenbart sich als wenig spannend, weswegen der Song zu den schwächeren Momenten auf „40 Years At War“ gehört und zwischen „City Of God“ und „In War And Pieces“ wie ein gewaltiger Fremdkörper wirkt.
Das viel zu unterschätzte „Epitome Of Torture“ aus dem Jahr 2013 ist mit dem hymnischen Klopper „S.O.D.O.M.“ vertreten, der genauso reinhaut wie in der Originalversion. „Caligula“ gehörte auf „Decision Day“ – dem letzten Album der Bernemann-Ära – nicht gerade zu meinen Favoriten, kommt aber in dieser neuen Version, vor allem durch die rauere Produktion sehr gut zur Geltung. „Euthanasia“ vom letzten Album ist im Grunde nur der Vollständigkeit halber drauf, kommt aber immerhin mit anderem Solo-Part daher, ansonsten ist die Nummer 1:1 im gleichen Tempo nachgespielt. Die Produktion ist fast gleich, wenn auch vielleicht minimal besser.
Fazit
„40 Years At War – The Greatest Hell Of Sodom“ ist ein echtes Must-Have für alle Sodom-Fans und zugleich ein guter Einstieg für alle Noch-Nicht-Fans. Sicher hätte man auch einfach die größten Hits neu aufnehmen können, wie es schon Destruction mit „Thrash Anthems“ oder Tankard mit „Best Case Scenario“ gemacht haben und es wäre ebenfalls eine tolle Platte geworden, vor der Art in der Sodom an das Album rangegangen sind, kann ich aber nur meinen Hut ziehen. Jedes einzelne Album wird gewürdigt und es werden Songs ausgegraben, die nicht immer unbedingt im Rampenlicht stehen, was es mit sehr wenigen Ausnahmen aber keinen Deut schlechter macht.
Die Band präsentiert sich in absoluter Topform und jede Schaffensphase wird ohne Abstriche rübergebracht, wie es viele Bands gar nicht mehr könnten. Dieses Lob gilt natürlich vor allem Frontmann Tom Angelripper, der nicht viel anders klingt als auf den jeweiligen Alben, und das teilweise viele Jahrzehnte später.
Auf die nächsten 40 Jahre…
…Okay, vielleicht nicht ganz, aber dass Onkel Tom noch lange nicht genug hat, lässt sich hier wunderbar hören.
Cover & Tracklist
01 Sepulchral Voice
02 After The Deluge
03 Electrocution
04 Baptism Of Fire
05 Better Off Dead
06 Body Parts
07 Jabba The Hut
08 Gathering Of Minds
09 That`s What An Unknown Killer Diarized
10 Book Burning
11 Genocide
12 City Of God
13 Ashes To Ashes
14 In War And Pieces
15 S.O.D.O.M.
16 Caligula
17 Euthanasia
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Bildnachweis: Steamhammer/SPV.
+ Starke Old-School-Produktion
+ Rundum super Performances
+ Spannende Songauswahl...
- ...die nur gelegentlich zu wünschen übrig lässt
- Moshcheck